Gemeinsam mit der Stadt St. Vith organisiert der Geschichtsverein ZVS zwei Diskussionsabende. Schließlich sei Silvio Gesell ein "Sohn der Stadt", so die Begründung. Doch Klaus-Dieter Klauser vom ZVS erklärt, dass es noch mehr Gründe gibt, sich mit Silvio Gesell auseinanderzusetzen.
"Silvio Gesell ist zunächst eine St. Vither Persönlichkeit, eine geschichtliche Persönlichkeit. Aber seine Theorie ist nach wie vor aktuell. Wenn man sich die Wirtschaftskrisen anschaut und die Schwächen des heutigen Wirtschaftssystems und man stellt dann die Analysen und Theorien von Silvio Gesell daneben, dann sagen Fachleute: Das sind valable Alternativen."
Die Idee zu den beiden Diskussionsabenden hatte Joseph Spoden. Im November erschien sein 180 Seiten starker Band zu Silvio Gesell. Dort geht er auf Gesells Ideen über Freiland und Freigeld ein, erklärt, warum Geld rosten sollte.
Auch Joseph Spoden ist von der Aktualität der Ideen überzeugt. "Ich wusste, dass Silvio Gesell seine Lehre aus einer Krise heraus entwickelt hatte. Wenn man aus einer Krise heraus als sehr genauer Beobachter analysiert und daraus dann Werkzeuge entwickelt, die Krisenlösungen sein könnten oder sogar sind, dann sollte man sich doch mal ganz einfach mit der Person beschäftigen und hineinhören, wie er die Sache damals gesehen hatte."
Da erklärt es sich von selbst, dass Joseph Spoden Teil des ersten Diskussionsabend am 24. Mai ist. Neben Dr. Norbert Nicoll, der über die Grenzen des Wachstums reden wird, versucht Joseph Spoden, die Brücke ins Heute zu schlagen. "Ich habe die Verwerfungen, wie sie jetzt sind, beobachtet, zum Teil dokumentiert."
"Von diesen Verwerfungen aus gehe ich zurück auf seine Lösungsmodelle von 1916 und dann stellt man fest, dass heute noch, kreativ umgewandelt, manches an Verwerfungen und Schieflagen zu lösen wäre mit seinen Ideen." An diesem ersten Termin soll sich auch die Tochter von Silvio Gesell, Sonja Tomys, aus Argentinien an die Zuhörer des Abends wenden.
Der belgische Ökonom Bruno Colmant
Die zweite Veranstaltung findet am 28. Juni statt. Auch Beate Bockting, Redakteurin der Zeitschrift "Fairconomy", stellt sich dort die Frage, wie aktuell Silvio Gesell in unserer heutigen Zeit noch ist und sein kann.
Hinzu kommt ein Fachmann aus Belgien. "Wir haben Bruno Colmant eingeladen", erklärt Klaus-Dieter Klauser. "Er ist ein belgischer Ökonom, der als Dozent an den Unis Brüssel und Löwen arbeitet, aber auch als Regierungsberater auftritt. Er ist namhafter Kenner Silvio Gesells, der übrigens letztens eine Publikation zu Silvio Gesell verfasst hat und eben auch dort analysiert, inwiefern die Theorien von Gesell heute aktuell sind."
Als dritten Weg neben Kapitalismus und Kommunismus hat Gesell seine Freiwirtschaftslehre verstanden. Damit eckte er damals an. Das Thema gab also schon vor mehr als 100 Jahren Anlass zur Diskussion.
Geht es nach Joseph Spoden, soll das auch heute noch der Fall sein. "Gesell hat damals schon gesagt: Das, was ich gesagt habe, muss ins Volk geschleudert werden. Ich will es am 24. Mai und dann am 28. Juni nicht 'ins Volk schleudern'. Aber was er auch gemeint hat, es zur Besprechung bringen. Wenn es zur Besprechung gebracht ist, dann wird es irgendwelche Kreise ziehen."
Andreas Lejeune