Der Personalbedarf ist da. Das weiß Bildungsministerin Lydia Klinkenberg wohl am besten. Dementsprechend gibt es Grund zum Handeln. „Wir haben bereits jetzt eine hohe Anzahl Personen ohne Hochschulabschluss in unserem Unterrichtswesen. Circa 100 Personen sind das. Die Alternative zu einer steigenden Anzahl Personen ohne entsprechende Ausbildung in unseren Schulen ist also eine Quereinsteigerausbildung.“
Qualifiziertes Primarschulpersonal, das zeitnah unterrichten kann - so lautete die Zielvorgabe an die Autonome Hochschule Ostbelgien. Die erarbeitete dann ein neues Vollzeitstudium: das sogenannte Brückenstudium Plus. Es richtet sich an Menschen, die bereits über ein Bachelor- oder Master-Diplom verfügen, egal aus welchem Studienbereich.
Während anderthalb Jahren - also drei Semestern - werden die Quereinsteiger auf ihre neue Aufgabe vorbereitet, wie Cathérine Mattar, Fachbereichsleiterin für Bildungswissenschaften an der AHS erklärt: „Uns ist es wichtig, dass berufspraktische und pädagogische Anteile einen hohen Stellenwert erhalten in dem Brückenstudium Plus. Das bedeutet, dass die zukünftigen Studierenden gleichermaßen, vom Umfang her und auch von den Formaten her, die Praktika absolvieren werden wie alle regulären Studierenden auch. Das sind insgesamt zehn Praktikumswochen, die in diesen drei Semestern Vollzeitstudium zu absolvieren sind.“
Und auch darüber hinaus soll den Interessierten beim ersten Unterrichten so gut wie möglich geholfen werden. „Voraussichtlich würden die Personen, die das Brückenstudium Plus in Erwägung ziehen, im Januar diplomiert, sodass sie ab Januar dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Und dann bieten wir eine Berufseinstiegsphase. Das bedeutet regelmäßige Treffen, in denen wir noch vertiefter an der Verzahnung von Theorie und Praxis arbeiten und wo wir sie auch enger begleiten können in den ersten Monaten der Lehrertätigkeit.“
Beim Einstieg, während der Praktika und des Studiums sowie gegen Ende der Ausbildung bleiben die Qualitätsansprüche die gleichen, betont Cathérine Mattar. Die Anforderungen sind für alle - egal ob Brücken- oder Regelstudium - dieselben. Auch für Lydia Klinkenberg ist das ein wichtiger Aspekt. „Das heißt also, dass wir kein separates Quereinsteigerstudium geschaffen haben, dass kein Zweiklassensystem unter den Lehrern entsteht. Wir haben uns dafür entschieden, dass man das Lehrerstudium verkürzen kann.“
Die Regierung hofft, dass der Primarschullehrerberuf durch die neue Initiative zugänglicher wird. Das neue Studienangebot soll, einmal angelaufen, evaluiert werden - um zu sehen, ob es auch die Erwartungen erfüllt. Auch die Frage, ob eine Alternative zum Vollzeitstudium Abhilfe schaffen könnte, steht im Raum. Im Januar 2024 könnten theoretisch die ersten Primarschullehrer das neue Brückenstudium Plus abschließen.
Andreas Lejeune
Die Schlagwörter: "die Qualitätsansprüche bleiben die gleichen" - "es entsteht kein Zweiklassensystem". Die Fakten? Das Brückenstudium Plus umfasst 90 ECTS-Punkte, das "normale" Studium 180. Wie können da die Qualitätsansprüche die gleichen sein? Und natürlich entsteht eine Zwei- bis Dreiklassengesellschaft, wenn man Regelstudium, Brückenstudium und Brückenstudiumplus in einen Topf wirft und behauptet, alles sei gleich wertig! Bis vor kurzem stand die Verlängerung des Lehrerstudiums auf wenigstens 4 Jahre im Raum, das Brückenstudium für Kindergärtnerinnen wurde abgeschafft... jetzt die Kehrtwende! "Wir haben uns entschieden, dass man das Lehrerstudium kürzen kann!" Die pädagogische Ausbildung einer Kindergärtnerin ist im Vergleich zu jemandem, der einen Abschluss in Kernphysik hat, genau ein Semester wert! Noch hanebüchener wird es, wenn sich eine Lehrkraft mit Richtung Naturwissenschaften und einem Master in Pädagogik bewirbt: die muss dann prinzipiell die 3 Semester des "Plus"-Studiums absolvieren! Worum es geht, ist klar: eine schnelle Lösung muss her, keine gute!