Der Entscheidung vorausgegangen war im Stadtrat eine nervenaufreibende Diskussion um eine zugegeben sehr kurzfristig angefragte Garantieübernahme. Die hätte ursprünglich zum 11. April vorliegen müssen, was noch Zeit gelassen hätte für eine Sitzung des Gemeindekollegiums und des Finanzausschusses.
Sehr kurzfristige Frage nach Bürgschaft
Ratsmitglied Herbert Hannen (Freie Liste Solheid) brachte dann aber die dringliche Anfrage der Dabei VoG ein, wonach sie der betreffenden Bank schon bis Montag eine schriftliche Erklärung der Stadt vorlegen müsse, um einen Kredit unter den aktuellen Bedingungen zu bekommen. Hintergrund ist der sprunghafte Anstieg der Zinssätze, der bei einem Kredit von 800.000 Euro schnell ins Geld schlagen kann.
Die Vertreter der Fraktion Freches und Jana Müsch-Janovcova aus der Mehrheit fühlten sich angesichts dieser Summe von der Vorgehensweise überrumpelt. Leo Kreins erklärte, er könne sich "nicht in zwei Minuten entscheiden". Ihm und seinen Fraktionskollegen fehlte es an Informationen.
Grommes: "Gentlemen's Agreement"
Zweimal wurde die Stadtratssitzung unterbrochen, um Verwaltungsratspräsidentin Gaby Schröder die Gelegenheit zu geben, die Dringlichkeit zu erklären. Unter dem zeitlichen Druck fasste Bürgermeister Herbert Grommes sogar die Möglichkeit ins Auge, Finanzausschuss und Stadtrat diese Woche wieder zusammenzutrommeln.
Klaus Jousten schlug dann vor, dass die Stadt doch angesichts ihrer Kassenlage selbst der VoG Dabei einen Kredit über 800.000 Euro gewähren könne, statt, wie er wörtlich sagte, "die Banken zu bereichern". Herbert Grommes griff die Anregung auf, da dies "von der Finanzlage her machbar" sei. So müsse auch nichts übers Knie gebrochen werden. Über die genauen Modalitäten könne zu einem späteren Zeitpunkt gesprochen werden, etwa bei der Stadtratssitzung im April oder Mai. Aus dem Dilemma wurde so ein Konsens oder, wie es Herbert Grommes nannte: ein Gentlemen's Agreement.
Sonderzuschuss von maximal 200.000 Euro
Vorher hatte der Stadtrat mehrheitlich schon einem Sonderzuschuss zum Neubau von Dabei (mit Werkstätten, Büros und Geschäft) zugestimmt. Das Projekt beläuft sich auf rund 3,2 Millionen Euro, die Deutschsprachige Gemeinschaft hat rund 1,9 Millionen Euro zugesagt. Die Stadt beteiligt sich mit einem Maximalbetrag von 200.000 Euro.
Diese Zusage gründet auf einem Stadtratsbeschluss von Ende 2020, wonach auch Sozialbetriebe einen Infrastrukturzuschuss von der Gemeinde erhalten können, nicht nur Sport- und Kulturvereine. Wie seinerzeit stimmte die Fraktion Freches dagegen. Das habe nichts mit Dabei zu tun, deren Arbeit die Fraktion ebenfalls schätze, erklärte Leo Kreins, sondern geschehe aus Prinzip. Der Sozialbetrieb habe wie andere zwar seinen Standort in der Gemeinde. Er, so Kreins, sehe aber vor allem die Deutschsprachige Gemeinschaft und auch die anderen Eifelgemeinden in der Verantwortung. Gerade darum, so Herbert Grommes, werde der Beitrag im Verhältnis zur Einwohnerzahl berechnet, mit einem festgelegten Höchstbetrag.
Pfand-Bündnis und Forderung nach Mehrweg
Die Gemeinde St. Vith tritt dem Pfand-Bündnis "Alliance pour la consigne/Statiegeldalliantie" bei, dem in Belgien und den Niederlanden schon viele Gemeinden angeschlossen sind. Das Bündnis setzt sich dafür ein, dass in Belgien ein Pfand auf Getränkedosen und Plastikflaschen eingeführt wird. So lasse sich auch der Müll an Straßen und Wegen verringern, erklärte Umweltschöffe René Hoffmann die Erwartungen der Gemeinde.
Herbert Hannen reichte für die Freie Liste Solheid einen Abänderungsvorschlag ein, wonach das Pfandbündnis aufgefordert wird, darüber hinaus für ein Mehrwegsystem einzutreten - "denn Mehrweg ist der eigentliche Klimaschutz", erklärte Hannen.
Dem Ziel einer besseren Recyclingquote sei man schon durch die Einführung des blauen Sacks (für PMK-Abfälle) näher gekommen, wie die Erfahrung zeige.
Demgegenüber sei das erklärte Ziel, die Erzeuger stärker in die Verantwortung zu nehmen, wohl nur teilweise zu erreichen, da die Einwegverpackung auch für die Einzelhändler günstiger und einfacher zu handhaben sei und sie von einem Pfand-System noch profitierten.
Rückkehr ins Rathaus "ein Stück Normalität"
Erstmals seit dem 6. April 2020 tagte der St. Vither Stadtrat wieder im Rathaus. Damals, zu Beginn der Corona-Krise, waren Besucher ausgeschlossen worden. Dann zog der Stadtrat mit seinen Sitzungen für fast zwei Jahre in den Großen Saal des Triangel.
"Dass wir wieder im normalen Sitzungssaal tagen können, ohne Maske, drückt ein Stück Normalität aus", freute sich zu Beginn der Sitzung Bürgermeister Herbert Grommes.
Stephan Pesch