Die Voraussetzungen hätten besser nicht sein können: Das Kino Scala in Büllingen war gut gefüllt - etwa 240 aufmerksame Zuhörer hatten sich am Samstagabend dort eingefunden. Und das machten sich die Redner zu Nutze. Sie suchten immer wieder den Kontakt zum Publikum, versuchten zu überzeugen. Denn am Ende ging es bei dem Rednerwettbewerb genau darum: den Inhalt der eigenen Rede so gut wie möglich zu vermitteln. Der ein oder andere versuchte es mit Humor, wie beispielsweise William Boemer.
"Sehr geehrte Damen und Herren. Ich bin ein Mottes. Das weiß ich, seit ich vor sechs Jahren in die Eupener Pater-Damian-Sekundarschule eingeschult wurde. Nicht gerade ein warmherziger Empfang. Es hat auch nicht geholfen, dass ich der einzige Eifeler in meinem Jahrgang war. Auch jetzt im Abitur hat man meine Herkunft nicht vergessen. Dieses Jahr werde ich unter der Superlative 'Topdörfler' ins Jahrbuch eingehen."
Für seine Rede über Stereotypen wurde William Boemer am Ende mit dem zweiten Platz (mit 200 Euro dotiert) sowie dem Publikumspreis (Gutscheine der Eupener Geschäftswelt und für Kurse der KAP) ausgezeichnet. Ein Preis, der den gebürtigen Berger besonders stolz macht. "Wenn das Publikum entschieden hat 'Das war für uns der beste Redner', dann ist das schön zu hören", sagt er. "Das freut mich im Nachhinein, dass die Leute das so aufnehmen."
Die Themenpalette war, wie jedes Jahr, breit gefächert. Angebliche Tabuthemen wie etwa Depressionen oder Periodenarmut, Zukunftsfragen wie Elektromobilität und Mobilitätswende - die Reden waren abwechslungsreich und kurzweilig. So auch der Beitrag von Lynn Hübinger aus Kettenis. Sie suchte Antworten auf die Frage, warum immer weniger Menschen zur Polizei wollen.
"Ein festes Einkommen, die Arbeit im Team, Abwechslung. Außerdem besteht die Möglichkeit einer sehr vielfältigen Laufbahn. Kriminalpolizei, Außendienst, Präventionsarbeit. Und trotzdem mangelt es sehr an Einsatzkräften. Ich denke, das liegt hauptsächlich daran, dass die Polizeiarbeit sehr schlecht angesehen wird."
Lynn Hübinger wurde für ihren Beitrag mit dem dritten Platz (150 Euro) belohnt.
Als Erstplatzierter (400 Euro) ging am Samstagabend Jean Hardt hervor. Mit dem Thema "China und das Silicon Valley - Kann Europa noch mithalten?" konnte er die fünfköpfige Jury um Bildungsministerin Lydia Klinkenberg von sich überzeugen.
"Wie konkurriert man denn nun mit solchen Supermächten. Eine steht schon lange an der wirtschaftlichen Spitze der Welt. Die andere ist eine aufstrebende autokratische Macht, die überhaupt nicht in unser politisches Weltbild passt. Sollen wir unsere politischen Werte aufgeben, nur um mitzuhalten? Meine Meinung ist eindeutig nein."
Der Raerener zeigte sich während der Preisverleihung überrascht, gab zu, nicht mit dem ersten Platz gerechnet zu haben und reagierte im Anschluss erst einmal demütig. "Ich fand andere Kandidaten haben das Publikum auf jeden Fall mehr bewegt, durch Witze oder Leichtigkeit in der Rede. Das fand ich bei mir überhaupt nicht, auch weil mein Thema kompliziert war. Ich dachte nicht, dass ich die Leute oder die Jury generell für mich begeistern kann."
Genau das ist ihm aber gelungen, ähnlich wie den anderen Finalisten. Alle acht haben zeigen können, wie lehrreich die Erfahrung Rhetorika sein kann. "Auch wenn die ersten zwei Termine online waren, fand ich es super", sagt Jean Hardt. "Die Seminare waren super organisiert, die Coaches waren sehr sehr gut. Und am meisten habe ich gelernt, wie man seine Rede verfasst und was für Strukturen man an den Tag legen muss."
Genau das werden auch im nächsten Jahr wieder einige Abiturienten lernen dürfen, so dass man bereits jetzt auf die nächste Ausgabe gespannt sein darf.
Die Teilnehmer und ihre Themen
Paul Lhermitte: Suizidgedanken und Depressionen - Schweigst du noch oder singst du schon?
Elise Ulrich: Elektromobilität - Die Lösung des Klimaproblems!
Lynn Hübinger: Die Polizei - Dein Freund und Helfer: Wer will noch in die erste Reihe?
Paul Schmitz: Mobilitätswende - Kann Ostbelgien auch ohne Auto?
Gyla Paquet: Kostenlose Damenhygieneprodukte - Besser spät als nie?
William Boemer: Eupen vs. Eifel - Wer kann von wem lernen?
Leo Munhoven: Deutschrap und K-Pop: Brudi, was hörst Du?
Jean Hardt: China und das Silicon Valley - Kann Europa noch mithalten?
Aus drei Themenbereichen durften die Kandidaten jeweils einen Themenvorschlag ziehen und mussten sich für eines entscheiden. Die Reden haben sie am Tag des Auftritts geschrieben.
Nach ihrenReden mussten die Kandidaten spontan auf das Goethe-Zitat: "Mit dem Wissen wächst der Zweifel" reagieren.
ale/okr
Eine sehr coole Sache, ich lasse mich gern darüber informieren, Glückwunsch den Gewinnern und Teilnehmern gleichermaßen.
Ich finde es spitze, dass junge Menschen sich dafür interessieren und es Veranstalter gibt, die ein entsprechendes Forum dafür bieten.
Wunderbar...