Es war der letzte Schritt einer langen Prozedur, der am Donnerstagnachmittag stattgefunden hat. Der Wechsel hatte sich schon länger angedeutet, nun ist er auch vollzogen. Nathalie Corman wurde bereits im Januar an das Amt der Gerichtspräsidentin herangeführt. Eigentlich sollte sie die Brücke bilden zwischen altem und neuem Präsidenten.
"Als im April diesen Jahres das Mandat von Herrn Heinrichs endete, habe ich diensttuend die Funktion übernommen. Herr Heinrichs ist aber erst am 1. September pensioniert worden, so dass ich während den ersten Monaten immer noch auf seine Ratschläge und Erfahrungen zurückgreifen konnte, was dann für mich sehr wertvoll war und die Einarbeitung sehr erleichtert hat", berichtet Nathalie Corman.
Die ehemalige Richterin und erste Staatsanwältin fand Gefallen an der neuen Aufgabe und kandidierte - mit Erfolg. Damit ist sie in der 33-jährigen Geschichte des Gerichtsbezirks Eupen die erste Frau im Amt der Präsidentin. Eine Besonderheit? "Für mich persönlich ist es nicht wichtig, als Frau Präsidentin geworden zu sein. Ich finde jedoch, wenn es Symbolwirkung gibt, freut mich das sehr. Wenn andere Frauen oder Mädchen sich dadurch ermutigt fühlen, ihren eigenen Berufswünschen nachzugehen und keine Angst zu haben, auch Verantwortung zu übernehmen."
Als Gerichtspräsidentin ist es ihre Aufgabe, den Bezirk zu leiten. Daneben vertritt sie die Interessen nach außen. Darüber hinaus möchte Nathalie Corman eigene Akzente setzen. Die hat sie bereits im Rahmen ihrer Kandidatur ausgearbeitet und vorgestellt. "Eine qualitativ hochwertige Justiz, innerhalb angemessener Fristen. Ich möchte das Wohlbefinden am Arbeitsplatz fördern, die Digitalisierung der Justiz fortführen und das Gericht auf die autonome Verwaltung vorbereiten", so Cormann.
Hinzu kommen ganz spezifische Aufgaben. Vor allem die Kleinheit des Bezirks schlägt sich auf das Personalmanagement nieder - verstärkt durch den Fachkräftemangel, der auch vor dem Justizwesen nicht Halt macht. Das weiß auch der neue Prokurator des Königs, Frédéric Renier. Als Leiter der Staatsanwaltschaft betreut er jetzt vermehrt organisatorische und personelle Fragen. Gerade im deutschsprachigen Gerichtsbezirk eine fordernde Aufgabe.
"In Eupen ist es so, dass die Staatsanwaltschaft ebenfalls die Aufgaben vom Arbeitsauditorat erfüllt. Es ist nicht unüblich, dass wir auch in der Berufungsinstanz aushelfen müssen. Weil es eben nicht so viele Magistrate im ganzen Land gibt, die der deutschen Sprache mächtig sind", sagt Frédéric Renier.
Wie bereits unter seiner Vorgängerin Andrea Tilgenkamp werde die Staatsanwaltschaft weiterhin ihren Schwerpunkt auf Gewalttaten innerhalb und außerhalb der Familie sowie Sexualstrafdelikte legen. Hinzu kämen neue Tendenzen wie Computer- und Umweltkriminalität, betont Frédéric Renier. Gleichzeitig gilt es, der allgemeinen Entwicklung im Justizwesen zu folgen.
"Was wir auf jeden Fall in Eupen machen müssen, ist uns vorbereiten auf die Zukunft. Weil die Reformen über die autonome Verwaltung ist im Gange und kommt auf uns zu. Darauf müssen wir uns vorbereiten, brauchen Statistiken und Zahlen. Das alles kommt nicht von alleine und nimmt viel Zeit in Anspruch", erklärt Renier.
In der fünften Kammer des Appellationshofes lobte der Vorsitzende Gerd Rosewick das Fachwissen, die Offenheit und die Bescheidenheit von Corman und Renier. Die beiden seien vortrefflich ausgerüstet, um das Schiff "Gerichtsbezirk Eupen" durch anstehende Unwetter, Flauten und Wellengänge zu führen. Der Kurs der neuen Präsidentin und des neuen Prokurators ist in jedem Fall gesetzt.
Andreas Lejeune