Zwei Monate, vom 8. Oktober bis zum 8. Dezember, sollte für Rachel Ledieu der Aufenthalt in Südafrika dauern. Sie ist im Auftrag der wallonischen Export- und Investmentagentur Awex in Johannesburg. Dort arbeitet sie, um belgischen Firmen sowie südafrikanischen Unternehmen, die in Belgien investieren möchten, vor Ort zu helfen.
Südafrika war für die 25-Jährige die erste Wahl. Soweit lief auch erst einmal alles gut - bis Ende vergangener Woche: „Bis Donnerstag war noch alles ganz normal. Wir haben von einer neuen Variante gehört, aber da das ja nicht die erste Variante war, haben wir uns wenig Sorgen gemacht", erzählt Rachel Ledieu.
Dann folgten am Freitag die Reisebeschränkungen unter anderem seitens der Europäischen Union. „Daraufhin hat uns die Wallonische Region gesagt, dass wir den ersten Flug aus Südafrika raus nehmen müssen", so Ledieu.

Doch das klappte nicht. Alle Flüge wurden nach und nach gestrichen. Der nächstmögliche Flug war auf Mittwoch, 1. Dezember, angesetzt. Doch auch dieser ist nun gestrichen worden. Obschon die Mitarbeiter der Awex direkt an der belgischen Botschaft angesiedelt sind, hilft ihnen auch das erstmal nicht weiter.
„Wir haben zwar alle Informationen, aber davon gibt es nicht viele", sagt die 25-Jährige. "Wir müssen einfach abwarten, dass die Airlines wieder fliegen.“ Für alle Fälle hat sich Rachel Ledieu auch schon eine mögliche Unterbringung über das anvisierte Rückkehrdatum 8. Dezember hinaus abgesichert.
Die Reisebeschränkungen bereiteten den Menschen in Südafrika wegen der fehlenden Einnahmen aus dem Tourismus deutlich mehr Sorgen als die neue Corona-Variante, erzählt die Weywertzerin: „Hier gilt überall Maskenpflicht, drinnen wie draußen, auch bei 26 Grad."

Bisher seien 35 Prozent der Bevölkerung geimpft. Die Menschen in Südafrika würden sich mehr über die westliche Welt - über Europa - aufregen, da dort die dritten Impfdosen verteilt würden und es währenddessen kaum Impfungen in Afrika gäbe. In Südafrika stünde man noch vergleichsweise gut da, in anderen afrikanischen Ländern sei das nicht der Fall.
Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa hat am Sonntag eine Ansprache gehalten. "Er hat die Leute vor allem auch wegen der neuen Variante dazu angeregt, sich impfen zu lassen", sagt Ledieu, "für sich selbst, für die anderen und für die allgemeine Situation in diesem Land, weil wenn wieder ein Lockdown kommt, werden hier sehr viele Leute darunter leiden.“
Für die persönliche Geschichte von Rachel Ledieu wäre mit einem Rückflug in nächster Zeit auch noch nicht alles in Butter: „Obwohl ich geimpft bin, muss ich wohl zehn Tage in Quarantäne und mich zweimal testen lassen. Selbst wenn ich Weihnachten zu Hause bin, weiß ich noch nicht, ob ich die Familie besuchen darf.“

Im Januar möchte sie wieder nach Südafrika, für ein Praktikum in Kapstadt: „Weil ich mich komplett in dieses Land verliebt habe.“
Stephan Pesch