Die Mehrheit erwägt einen Verkauf in zwei Losen: auf der einen Seite drei Baustellen an der Straße, auf der anderen Seite der Campingplatz mit Ferienchalêts und Grünanlage. Der Verkauf soll über eine Internetplattform erfolgen. Er soll sowohl regional als auch überregional beworben werden.
Leo Kreins (Liste Freches) ergriff ausführlich dazu Stellung. Das Freizeitgebiet sei ihm und seinen Fraktionskollegen ans Herz gewachsen, spätestens seitdem die frühere Stadtratsmehrheit das Freibad in Wiesenbach zu dem gemacht habe, was es heute sei. Nach seiner Einschätzung habe es deutlich an Attraktivität verloren. Überhaupt sei das Freizeitgebiet geradezu "stiefmütterlich" behandelt worden, seit es Ende der 1990er Jahre (in Teilen) ins Eigentum der Gemeinde gewechselt sei.
Hoffen auf "holländischen Messias"?
Schon beim Prinzipbeschluss zum Verkauf der kommunalen Liegenschaften im Februar seien die Argumente der Opposition vom Tisch gefegt worden. Dem Gemeindekollegium fehle es an Willen und Einsatz in dieser Frage, mutmaßte Kreins. Dabei müsse man "die Braut schmücken, bevor man auf die Brautschau geht". Die Mehrheit habe stattdessen wohl "die Hoffnung, dass ein holländischer Messias um die Ecke kommt, um hier zu investieren".
Sowohl die Schöffen Roland Gilson und René Hoffmann als auch Bürgermeister Herbert Grommes bestritten, dass sich die Mehrheit schon auf einen Interessenten festgelegt habe. Im Gegenteil: Es gehe darum, der Braut nicht zu viele Fußfesseln anzulegen, griff Gilson das Bild von Kreins auf, damit sie auch tanzen könne.
Er selbst habe sehr viel Zeit und Energie in diese komplexe Akte gesteckt. Das Gemeindekollegium habe sich beraten lassen und sich für diese Lösung entschieden. Wenn Leo Kreins den aufgerufenen Preis für zu gering halte und von einem "Billigangebot" spreche, müsse er berücksichtigen, dass es sich lediglich um (mit einem Notar besprochene) Startpreise für die Gebote handele. Das letzte Wort habe eh die Gemeinde, ergänzte René Hoffmann: "Am Ende entscheiden wir ja noch, ob wir das Gelände zum angebotenen Preis veräußern."
Ähnlich wie Leo Kreins sieht auch die Mehrheit laut ihrer Beschlussvorlage ein touristisches Entwicklungspotenzial in dem Gelände, das einen wirtschaftlichen Mehrwert bringen könne. Allerdings soll ihrer Meinung nach die Gemeinde den Ausbau der Anlage nicht selbst übernehmen, sondern das möglichen Investoren überlassen. Erik Solheid hatte der Mehrheit seinerseits vorgeworfen, die Gemeinde gebe das Areal aus der Hand, statt es über die Autonome Gemeinderegie verwalten zu lassen.
Altes Wasserhaus bleibt erhalten
Für Misstöne im Stadtrat sorgte auch der Verkauf des ehemaligen Wasserhauses Hünningen. Hier handele es sich um ein Industriedenkmal, das es aus Sicht vieler Bürger zu erhalten gelte, argumentierte Klaus Jousten (Liste Freches). Er nannte es "eine Schande", dass die Mehrheit sich nicht früher Gedanken darüber gemacht habe, wie sie das Gebäude in Wert halten könnte. Er beantragte im Namen seiner Fraktion, einen Antrag auf Denkmalschutz zu stellen und eine neue Zweckbestimmung für das Gebäude zu suchen.
Letzteres habe die Gemeinde seit zehn Jahren vergeblich versucht, erklärte Bürgermeister Grommes. Das Gebäude werde ja erhalten und es müsse auch (laut den Verkaufsbedingungen) einsehbar bleiben. Der neue Besitzer könne auch eine Unterschutzstellung anfragen, was die Gemeinde unterstützen werde.
Die Kessel im Innern des Wasserhauses und die dazugehörige Technik werden ausgebaut und an einem anderen Ort zwischengelagert. Leo Kreins konnte sich nicht verkneifen, als neuen Standort das Rathaus vorzuschlagen, "damit da Dampf reinkommt".
Der Verkauf wurde mehrheitlich gegen fünf Neinstimmen bei drei Enthaltungen gutgeheißen.
Platz für Skater ... und Beachvolleyballer
Der Stadtrat genehmigte einstimmig den Bau einer Skateranlage neben dem Sport- und Freizeitzentrum an der Rodter Straße. Roland Gilson erläuterte, dass sich die Skatergruppe noch wesentlich vergrößert habe. Die Begleitung von Kindern und Jugendlichen in ihrer Freizeit sei beachtlich und verdiene die volle Unterstützung der Gemeinde.
Herbert Grommes bedankte sich ausdrücklich auch bei den Stadtratsmitgliedern, die Ideen dazu eingebracht hatten.
Die Planungen sehen vor, dass das vorgesehene Gelände genügend Abstand zu den Bäumen, zum Sandplatz und zur Fassade des SFZ aufweist.
Jennifer Otten (Freie Liste Solheid) legte Wert darauf, dass in den Beschluss eine Bestimmung aufgenommen werden soll, wonach der Beachvolleyballplatz durch die Skateranlage nicht verdrängt werde. Damit hatte die Mehrheit um Bürgermeister Grommes kein Problem.
Audit über Fahrradverkehr neu ausschreiben
Mit Blick auf die Erstellung eines Audits für den Fahrradverkehr auf dem Gebiet der Stadt und der Gemeinde St. Vith musste der Stadtrat die Auftragsbedingungen neu festlegen.
Der Punkt hatte schon vor einigen Monaten auf der Tagesordnung gestanden, weil die Gemeinde St. Vith als Pilotgemeinde im Rahmen des Wettbewerbs "Wallonie cyclable" ausgewählt worden war. Damit soll die Nutzung des Fahrrades im Alltag gefördert werden. Mobilitätsschöffe Marcel Goffinet erklärte, dass mit dem neuen Beschluss die Vergabeart geändert werde. So erhoffe man sich, anders als bei der vorigen Ausschreibung auch Bewerber zu finden.
Klaus Jousten bemerkte, dass auch andere Pilotgemeinden auf fehlendes Interesse an der Erstellung eines solchen Audits gestoßen seien. Er vermutete, dass die Experten für dieses Thema eher in Flandern ansässig sind, wo die Fahrradnutzung bereits deutlich stärker ist. "Hat man auch nach Flandern geäugelt", fragte Jousten, "um dort Experten zu finden?"
Die fehlende Resonanz auf die erste Ausschreibung erklärte sich Marcel Goffinet damit, dass es viele Pilotgemeinden bei "Wallonie cyclable" gebe und manche Studienbüros von Projekten infolge des Juli-Hochwassers beansprucht seien. Er zeigte sich aber zuversichtlich, was die neue Ausschreibung angeht.
Bahnbrechender Ankauf von SNCB-Gelände
Als bahnbrechend bezeichneten Vertreter der Mehrheit und der Opposition den Ankauf der ehemaligen Eisenbahntrasse zwischen der Klosterstraße und der Luxemburger Straße.
Die Eisenbahngesellschaft SNCB habe sich lange Zeit geweigert, das Gelände zu verkaufen, so Herbert Grommes. Es habe Überzeugungsarbeit geleistet werden müssen. Grommes bedankte sich formell bei der SNCB, dass sie das Gelände nicht in den öffentlichen Verkauf gegeben habe. Nur so habe die Stadt einen Quadratmeterpreis von 2,14 Euro erzielen können, was insgesamt 72.450 Euro für 33.734 Quadratmeter ergibt.
Erik Solheid und Klaus Jousten begrüßten ausdrücklich den Durchbruch in dem "krampfhaften Bemühen" das Gelände zu erwerben. Von der Mehrheit erwarten sie nun Vorschläge, wie die "enorm wichtige" Verbindung verkehrstechnisch genutzt werden kann.
Dienstjubiläum für Helga Oly
Am Ende der Sitzung nutzte Bürgermeister Herbert Grommes den Anlass, um der Generaldirektorin Helga Oly, die wie immer Protokoll führte, mit einem Blumenstrauß zu einem Dienstjubiläum zu gratulieren: Sie hatte auf den Tag vor 25 Jahren, am 1. September 1996, den Dienst als Stadtsekretärin/Generaldirektorin angetreten.
Grommes hob ihre Sachkenntnis, ihre zeitliche Verfügbarkeit und auch ihr Durchsetzungsvermögen hervor. Im Mai 2022 geht Helga Oly in den Ruhestand.
Zu Beginn der Sitzung hatte der Stadtrat mit einer Schweigeminute des vor wenigen Tagen verstorbenen Hausmeisters im St. Vither Rathaus, Roland Henkes, gedacht.
Stephan Pesch