Krankenpflege ist in Belgien ein Bachelor-Studium, das inzwischen vier Jahre dauert. In verschiedenen Pflegebereichen gibt es darüber hinaus Spezialisierungen, beispielsweise für die Intensivstation oder die Kinderheilkunde. Aber nicht jede Pflegekraft auf diesen Stationen benötigt notwendigerweise das entsprechende Zusatzdiplom. Es reicht, wenn ein Teil des Teams eine solche Zusatzausbildung vorweisen kann.
Immerhin: Die spezialisierten Pflegekräfte erhalten bisher mehr Geld als die Nicht-Spezialisierten, erklärt Josiane Fagnoul, die Geschäftsführerin der deutschsprachigen Berufsvereinigung für Pflegekräfte (KPVDB). "Im Moment sind es jährliche Prämien, die die Leute mit einer Spezialisierung bekommen. Das ist eine Prämie von ungefähr 3.000 Euro für Fachtitel und 1.500 Euro brutto für eine Qualifikation pro Jahr."
Nach der neuen Regelung ist damit bei neuen Arbeitsverträgen Schluss. Das neue Tarifsystem kennt zwar zwei Gehaltsstufen - ob eine Pflegekraft in der höheren oder niedrigeren landet, hängt dann nur noch vom Einsatzort ab. In der Intensivpflege, im OP-Saal oder in der Notaufnahme gibt es dann mehr Gehalt als auf anderen Stationen. Und zwar für alle, egal ob mit oder ohne Spezialisierung.
"Ursprünglich war das Ziel, eine Harmonisierung der Gehälter zwischen dem privaten und öffentlichen Sektor zu bekommen. Dafür musste man gleiche Funktionen haben - mit dem Ziel: gleiche Funktion = gleiches Gehalt. Man berücksichtigte nicht mehr das Wissen und die Kompetenzen, sondern die Funktion, die man ausübt."
Auf den meisten anderen Stationen werden dafür alle zu dem gleichen niedrigeren Tarif entlohnt. Zwar benötigt auch beispielsweise eine Geriatrie spezialisierte Pflegekräfte, doch dieses Diplom spielt für die Bezahlung dann keine Rolle mehr. Für die Betroffenen ein finanzieller Verlust von etlichen zehntausend Euro betrachtet auf die gesamte Berufslaufbahn.
"Wir sehen darin natürlich eine Gefahr, wenn es keinen Gehaltsunterschied mehr gibt. Wie werden wir Leute motivieren nach den vier Jahren Bachelor, noch ein Jahr Spezialisierung etwa in der Intensivpflege zu machen, wenn am Ende im Portemonnaie das gleiche ist wie ohne? Während der ganzen Pandemie haben wir gehört, es fehlen Intensivbetten. Was gefehlt hat, ist das hochqualifizierte Personal, das neben den Betten steht."
Die Expertise wird dann fehlen - auch auf Stationen für Krebspatienten, in der Kinderheilkunde oder in anderen Spezialgebieten wie der Diabetesbehandlung oder Palliativpflege und weiteren. Und spätestens dann wird es auch für die Krankenhäuser kritisch. Denn sie müssen auf bestimmten Stationen ein Mindestmaß an spezialisierten Pflegekräften beschäftigen.
Fehlen diese Fachkräfte, erhalten die Krankenhäuser von der Krankenversicherung auch nicht die finanziellen Mittel für eine solche Station. "Man wird es sehr schnell merken. Wenn zu wenig Krankenpfleger mit den Fachtiteln da sind, werden sehr wahrscheinlich die Krankenhäuser sich auf föderaler Ebene melden und sagen: 'Sind Sie sich bewusst, was Sie da getan haben?' Aber dann ist es vielleicht auch zu spät."
Olivier Krickel
Gestern noch großes Klatschen, ob Privat oder in der Kammer und heute?
Kaum scheint es Licht am Ende des Pandemie-Tunnels zu geben, sieht die Sache etwas anders aus.
Da hört man nichts mehr, von dem blumigen Versprechen "Die Pflegeberufe müssen aufgewertet werden" . Nein, man hört eben genau das!
Monatelange Arbeit weit über dem Limit, werden mit derartigen "Beschlüssen" quittiert. Von der Politik war nichts anderes zu erwarten.
Das Gewerkschaften einen derartigen "Kompromiss" zustimmen, sagt einiges über den derzeitigen Zustand der Gewerkschaften.