Vier weitere Windräder entlang der Autobahn sind geplant. Der Windpark auf der Emmelser Heide soll also von fünf auf neun Räder erweitert werden. Für die Umwelt auf jeden Fall eine gute Sache, findet Energie-Schöffe Marcel Goffinet. Und auch die Bevölkerung habe nichts dagegen. "Letztes Jahr gab es dazu eine Bürgerbefragung in Emmels und in Recht. Und die Bürger haben dieses Projekt eindeutig nicht abgelehnt. Das muss man sagen. "
Was man aber auch dazu sagen muss, ist, dass das Resultat der Befragung ungültig ist. Die Wahlbeteiligung lag nämlich unter 50 Prozent. In puncto Transparenz lasse die Gemeinde zu wünschen übrig, betont deshalb die Opposition im Gemeinderat.
"Die Bürgerbefragung war eine Farce", findet Herbert Hannen von der Freien Liste Solheid. "Man hat eine Bürgerbefragung gemacht ohne Gemeinderatsbeschluss. Eigentlich hätte man eine Bürgerbefragung erst in einem Jahr machen können nach Abschluss der Umweltverträglichkeitsprüfung, nachdem feststeht, wie das Projekt genau ausfällt und wie auch die Finanzierungsmodalitäten sind."
Auch wie das Projekt vor kurzem präsentiert wurde, kritisiert die Opposition. Am 30. April gab es wegen Corona eine öffentliche Vorstellung in Form einer Videokonferenz. "Schon allein die Ankündigung der Videokonferenz kann man schon in Frage stellen. Die stand zum Teil auf der Internetseite der Gemeinde, dann war sie wieder verschwunden. Anscheinend, das habe ich selbst jetzt nicht so beobachtet, ist mir zugetragen worden", erzählt Hannen.
"Dann sind die Leute natürlich mit einem Wurfblatt darauf hingewiesen worden, aber das sah so aus wie jede andere Werbung auch, die man auch im Papierkorb verschwinden lässt. Viele Leute haben mich auch darauf hingewiesen, dass sie es gar nicht gesehen haben und haben danach gefragt. Kann man die Konferenz denn nachschauen? Ja, die Videokonferenz war noch zwei Tage auf der Internetseite. Nach zwei Tagen war sie verschwunden."
In der Tat zeigen Leserbriefe im GrenzEcho, dass sich mehrere Anwohner nicht informiert fühlen. Die Bürger werden nicht genug einbezogen, so die häufig Kritik - auch finanziell nicht. Denn ob es eine Bürgerbeteiligung in Form von einer Miteigentümerschaft gibt, ist noch offen. Auch in der öffentlichen Videokonferenz ist die Frage oft aufgetaucht, aber unbeantwortet geblieben.
Im Grunde sei die Bevölkerung nicht dagegen, dass der Windpark erweitert wird, sagt Oppositionsmitglied Herbert Hannen. Doch die Gewinne sollen dann auch in der Region bleiben - und nicht nur den ausländischen Investoren zugute kommen.
"Im Allgemeinen steht man einer Erweiterung des Windparks positiv gegenüber. Man sieht zwar gewisse Nachteile, aber man weiß auch, dass man aus der Atomenergie aussteigen muss. Man ist für erneuerbare Energien. Ich würde sagen, der gesamte Stadtrat steht dahinter. Auch der Großteil der Bevölkerung steht dahinter. Aber hier bei diesem Projekt wird die fehlende Bürgerbeteiligung kritisiert", erklärt Hannen.
"Nachteile des Projektes sind ja effektiv vorhanden: Verschandelung der Landschaft, um ein Beispiel zu nennen. Die Nachteile des Projektes muss die Bevölkerung also in Kauf nehmen und die Vorteile des Projektes, also die Gewinne, sacken die ausländischen Unternehmer aus Luxemburg, Frankreich, Deutschland und sogar aus China ein. Und das stößt den Leuten wieder auf."
Eigentlich ist eine Beteiligung für Bürger und Gemeinde auch im wallonischem Referenzrahmen vorgesehen. Verpflichtend ist das aber nicht. Deswegen ist momentan auch nur eine indirekte Beteiligung der Bürger vorgesehen: Crowdlending nennt sich das Ganze. Das heißt: Die Bürger finanzieren den Windpark als Kreditgeber, nicht als Mit-Eigentümer. Was für sie dabei rausspringt, sind Zinsen. Beteiligt an den Gewinnen - oder je nachdem Verlusten - ist man nicht.
"Das ist für mich so eine Art Deckmäntelchen, man spricht auch von Greenwashing", sagt Philipp Jates von der Initiative Vegder Denkfabrik, die sich seit langem mit dem Windpark-Projekt beschäftigt. "Das heißt, man probiert jetzt zu sagen: Okay, wir bieten etwas an, aber auch damit die Oppositionellen oder die Bürger, die nicht ganz so einverstanden sind, schon mal Ruhe geben. Aber eine echte Bürgerbeteiligung ist das nicht, denn die Bürger erwerben dann eine Art Obligation, geben Kredite, bekommen die irgendwann zurückbezahlt, vielleicht mit sehr hohen Renditen im Vergleich zum Sparbuch. Aber sie sind nicht Eigentümer der Windkraftanlagen."
Auch hier richtet sich die Kritik nicht gegen die Windräder an sich, sondern gegen die fehlende Bürgerbeteiligung. Bedenken wie diese wolle die Gemeinde aber ernst nehmen, versichert Energie-Schöffe Marcel Goffinet. "Wir sind auch dankbar für diese Anmerkungen, denn viele dieser Anmerkungen schlagen genau in die gleiche Kerbe wie wir, das heißt mehr Kapitalbeteiligung. Das sind auch unsere Forderungen - und das ist schon gefordert worden. Wir wollen mehr Beteiligung. Aber generell stellt das das gesamte Projekt jetzt nicht in Frage. "
Das letzte Wort in puncto Bürgerbeteiligung sei jedenfalls noch nicht gesprochen. Wie weit die Verhandlungen mit den Projektpartnern sind, ist aber nicht klar. Die Opposition wird nächste Woche im Stadtrat mehr Aufklärung in dieser Angelegenheit fordern. Es ist also möglich, dass sich der Wind - in Sachen Bürgerbeteiligung - noch dreht.
Raffaela Schaus