Der Einspruch ist verfasst, doch berücksichtigt wird er nicht. Der Grund ist für NMC besonders ärgerlich. "Wegen des Formfehlers hat das Ministerium der ostbelgischen Regierung quasi keine Entscheidung getroffen, weil eben der Inhalt nicht bewertet wird, wenn ein Formfehler vorliegt", erklärt Bernd Vorhagen, der General Manager für Benelux.
Es war die Einspruchskommission, die Formfehler bemängelte. Die Kommission besteht aus Vertretern wallonischer Ministerien, federführend ist der Minister für Raumordnung, Antonios Antoniadis. Vor allem die ausbleibende Erneuerung der Betriebsgenehmigung von NMC war ein ausschlaggebender Punkt.
"Dadurch, dass unsere Betriebserneuerung aufgrund einer fehlerhaften Bearbeitung auf Seiten der Behörden verzögert worden ist, lag diese zum Zeitpunkt des Einspruchs nicht vor", erklärt Bernd Vorhagen. "Dementsprechend sagt die Einspruchskommission: Wenn keine Betriebsgenehmigung vorhanden ist, kann die Betriebsgenehmigung für das Windrad auch nicht daran angebunden werden."
Für Bernd Vorhagen ist die Betriebsgenehmigung eine Sache der Formalität. Das eigentliche Problem liege darin, dass die Einspruchskommission die beiden Projekte - sprich Windrad und NMC - als zusammenhängend betrachtet und dementsprechend auch die Betriebsgenehmigungen. NMC findet hingegen, dass es sich bei dem Windrad um ein vom Unternehmen unabhängiges Projekt handelt. Das Windrad funktioniere auch ohne NMC und NMC funktioniere ohne Windrad.
Bernd Vorhagen erinnert daran, dass Luminus der eigentliche Antragsteller des Projekt ist und betont, dass auch die Öffentlichkeit von dem Windrad profitieren würde, nämlich dann, wenn überschüssige Energie in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird. "All diese Systeme speisen in dem Moment in das Netz ein, wo die punktuelle Energie, die vorhanden ist, durch den lokalen Abnehmer nicht gebraucht wird", erklärt er. "Wir haben in den Einspruchsdokumenten auch nochmal ganz klar aufgeführt, dass auf jeden Fall mindestens 20 bis 25 Prozent der Energie des Windrades ins öffentliche Netz eingespeist werden wird."
So entstehe aus dem Projekt ein öffentlicher Nutzen, findet Bernd Vorhagen. Und dieser Nutzen rechtfertige auch, dass ein solches Windrad gebaut werden dürfe. Bei NMC sieht man außerdem auch geltendes Recht ignoriert, denn "im ' code du développement du territoire' steht ganz klar drin, dass man ein einzelnes Windrad in Industriegebieten aufstellen darf und ein solches Windrad de facto auch von öffentlichem Nutzen ist."
Doch es gibt noch weitere Punkte, die NMC gerne berücksichtigt sähe. Dazu zählen zwei Studien, die sowohl das Risiko für die Umwelt als auch für den Industriestandort als akzeptabel eingestuft haben. Und dennoch sei die Einspruchskommission zu einem anderen Urteil gekommen. "Die Behörden, sowohl von der Gemeinde als auch vom Urbanismus, haben sich über diese Beurteilungen hinweggesetzt und gesagt: 'Nein, wir empfinden das Risiko als zu groß'", so Vorhagen.
Doch all die von NMC gesammelten Argumente sind schlussendlich gar nicht erst berücksichtigt worden - aufgrund des bekannten Formfehlers. So bleiben den Projektautoren drei Möglichkeiten: Sie können sich an den Staatsrat wenden, die Formfehler korrigieren oder aber sie lassen das Projekt fallen. Wobei aufgeben für NMC keine Option ist. "Wenn man sich die entsprechenden Normen anschaut und eine wirkliche faktuelle Bewertung all dieser Risiken macht, gibt es sicherlich wie in jedem Projekt Interpretationsmöglichkeiten", sagt Vorhagen. "Faktuell gesehen ist dieses Projekt ganz sicherlich in den Rahmenbedingungen drin."
Bei NMC schätzt man die Chancen weiterhin als gut ein. Das Unternehmen möchte sich nun gemeinsam mit dem eigentlichen Antragsteller Luminus über die weitere Vorgehensweise beraten. Das letzte Wort ist hier also noch nicht gesprochen.
Andreas Lejeune