Sonntagmorgen in Amel: Eine kleine Gemeinde hat sich zur Messe in der Pfarrkirche versammelt. Es ist der Festtag des Heiligen Sebastian - eigentlich das Fest der Eibertinger. Doch weil die Kapelle dort zu klein ist, wird coronabedingt in Amel gefeiert.
Seit dem dritten Advent werden in dem Pfarrverband sonn -und feiertags, aber auch werktags wieder Messen gehalten. Das Urteil des Staatsrates hat es möglich gemacht. Weniger ist besser als gar nichts, findet Pastor Günter Weinand. "Ich habe das Glück hier im Pfarrverband, dass wir ein Pfarrsekretariat haben, das das regeln kann", erklärt der Pastor. "Wenn die Leute bei uns anrufen und eine Messe bestellen wollen, können wir mit ihnen besprechen zu wievielen Teilnehmern sie pro Familie hier herkommen dürfen."
Aber auch in der Kirche müssen die Corona-Regeln eingehalten werden: Maskenpflicht, Händedesinfektion und Abstand halten. Die Resonanz auf das Angebot der Messen sei unterschiedlich, erklärt Pastor Weinand. Während einige es vorziehen, zu Hause zu bleiben, weil sie zum Beispiel zur Risikogruppe gehören, hätten andere das starke Bedürfnis, zur Messe zu kommen.
"In der Mehrzahl der Gottesdienste habe ich eher das Problem, dass nicht genug kommen", berichtet Weinand. "Ab und an haben wir aber auch ein paar Teilnehmer mehr. Vor allem bei Begräbnisfeiern ist das Bedürfnis sehr groß, dabei zu sein. Da haben wir es ein bisschen schwer, die Zahlen strikt einzuhalten."
Einige Pfarren in der Eifel haben entschieden, gar keine Messen unter den Corona-Bedingungen anzubieten. Pastor Weinand hat dafür Verständnis. "Ich möchte nochmal darauf hinweisen, dass Gottesdienste nicht die ganze Bandbreite unserer Arbeit ausmachen. Ich mache also keinem Mitbruder den Vorwurf, dass er nicht arbeiten würde, nur weil er keinen Gottesdienst feiert."
"Ich kann es sehr gut nachvollziehen, wenn der ein oder andere sagt, dass es nicht geht. Wenn man zum Beispiel kein funktionierendes Pfarrverbandssekretariat hat, kann ich sehr gut nachvollziehen, dass ein Pfarrer das nicht leisten kann."
Die Begrenzung der Gottesdienstbesucher auf 15 Personen ist auch für die anderen Religionsgemeinschaften eine starke Einschränkung. In einem gemeinsamen Schreiben an Justizminister Van Quickenborne haben Vertreter der christlichen, jüdischen und islamischen Religionsgemeinschaften gefordert, stattdessen wieder eine Begrenzung von einer Person pro zehn Quadratmeter einzuführen - so wie im ersten Lockdown.
Dass der Vorschlag bei der Regierung in Brüssel bislang kein Gehör fand, bedauert auch Pastor Weinand. "Ich möchte den Bischöfen keinen Vorwurf machen, aber ich denke schon, dass wir es schwer haben da durchzukommen. Die Regierung hat andere Probleme und andere Interessenverbände, die vielleicht auch in finanzieller Hinsicht ein ganz anderes Gewicht haben als Gottesdienste, Kirchen oder Religionen."
Die nächste Konzertierung der Regierungsvertreter in Brüssel zur Corona-Lage findet am 5. Februar statt. Ob die Frage der Gottesdienstbesuche dann zur Sprache kommt, steht noch nicht fest.
mb/mg
«Die Regierung hat andere Probleme und andere Interessenverbände, die vielleicht auch in finanzieller Hinsicht ein ganz anderes Gewicht haben als Gottesdienste, Kirchen oder Religionen.»
Man könnte es auch anders formulieren: Das einstmals christliche Abendland wird immer säkularer, wobei dieses Phänomen in Belgien relativ weit fortgeschritten zu sein scheint; zumindest stärker als bspw. in Deutschland, wo gerade unter Verweis auf die weltanschauliche Neutralität des Staates den Religionsgemeinschaften eine gewisse Eigenständigkeit als auch Förderung zugestanden wird, d.h. der Staat nimmt seine neutrale Rolle gerade dadurch wahr, indem er die diversen Religionsgemeinschaften aktiv unterstützt.
Ein sehr liberales Abtreibungsrecht, das Recht auf Sterbehilfe für Minderjährige oder auch nur die Weigerung, an einem so wichtigen Fest wie Weihnachten die Ein-Personen-Besuchsregel zu lockern, sind nur ein paar Beispiele, die verdeutlichen, wie weit fortgeschritten die Säkularisierung hierzulande ist.
Es würde mich nicht wundern, wenn in einigen Jahren, ähnlich wie in Luxemburg, auch noch der Religionsunterricht an staatlichen Schulen abgeschafft wird.
Werter Herr Jusczyk.
Ihre Analyse ist zutreffend.
Nur was ist schlimm daran ? Es geht uns doch nicht schlechter deswegen. Ich bin froh, dass es heutzutage freier zugeht wie vor 40 oder 50 Jahren. Dass jeder nach seiner Fasson selig werden kann. Wir brauchen keinen christlichen Talibanstaat.
Tatsächlich ist die Säkularisierung auch in Belgien leider noch nicht weit genug fortgeschritten.
Die Abschaffung des nach Konfessionen getrennten Bekenntnis-Religionsunterrichtes, zumindest an öffentlich Schulen, wäre ein notwendiger weiterer Schritt dazu.
An dessen Stelle sollte ein konfessionsübergreifender Religionskunde- und Philosophieunterricht angeboten werden, damit Kinder miteinander und nicht übereinander weltanschauliche Fragen erörtern.
Dies wurde schon mehrfach auf vs. Ebenen zur Diskussion gestellt, scheiterte bisher aber einerseits am Dogmatismus der Glaubensgemeinschaften und andererseits am mangelnden politischen Mut, angesichts eines immer noch vorhandenen Einflusses religiöser Seilschaften.
Die Entwicklung dorthin ist jedoch nicht aufzuhalten und nur eine Frage der Zeit.
Wer von christlichem Talibanstaat schreibt, schreibt einen dümmlichen Kommentar und schreibt, wie so oft, um etwas zu schreiben.
«Nur was ist schlimm daran ? Es geht uns doch nicht schlechter deswegen.»
Es erstaunt mich immer wieder von neuem, wie erfolgreich es dem heutigen Menschen gelingt, ohne jeden Transzendenzbezug ein offenbar glückliches und erfülltes Leben zu führen.
Für mich wäre dies undenkbar, allein schon wegen des Verlangens nach einer höheren Gerechtigkeit.
Wenn man all die Katastrophen nimmt, die in der Geschichte über die Menschheit hereingebrochen sind, - auch die jetzige, mit über 2,1 Mio. Toten -, wie kann einen das kalt lassen?
Sind wir denn wirklich schon so abgestumpft?
1937 wurde bei unserem großen Nachbarland das Schulfach Weltanschauung eingeführt (selbstverständlich verpflichtend für alle Schüler) und der Religionsunterricht so sehr behindert, dass ein Unterrichten fast nicht mehr möglich war
Herr Jusczyk.
Die Coronakrise kann man auf verschiedenen Arten bewältigen. Religiosität ist nur eine von vielen Möglichkeiten. Ich bleibe ruhig und gelassen, lasse mich nicht verrückt machen und lebe meinen Alltag.
Ist denn für Sie die Coronakrise eine Strafe Gottes für sündiges Verhalten der Menschen ?
Herr Meyer.
Bitte präzisieren Sie doch bitte Ihre Meinung. Sie sind zu allgemein.