Die Doktorarbeit von Carlo Lejeune befasst sich mit den deutsch-belgischen Kultur-Beziehungen zwischen 1925 und 1980. 1994 hat der belgische Historiker Jean Stengers die Doktorarbeit von Carlo Lejeune rezensiert. Ihm war schon damals aufgefallen, dass in einem ersten Teil der Arbeit Textstellen nicht korrekt zitiert wurden - nicht korrekt heißt, dass Zitate nicht ausreichend als Zitat gekennzeichnet wurden. Lejeune soll sogar recht umfangreich kopiert haben.
Für die Teile der Arbeit, die die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg betrachten, ging Stengers aber davon aus, dass Lejeune "eine Arbeit aus erster Hand" vorgelegt hat - also, nirgendwo abgeschrieben hat.
Ostbelgien Direkt hatte am Montag geschrieben, dass ihm die Rezension von Stengers von 1994 zugespielt worden sei und hat sie veröffentlicht. Damit kam dann der alte Vorwurf an die ostbelgische Öffentlichkeit. Und wegen dieser Berichterstattung hat sich Martin Heidingsfelder bei Ostbelgien Direkt gemeldet. Denn er wollte klarstellen, dass er es war, der die Uni Trier zur Prüfung der Doktorarbeit von Carlo Lejeune gebracht habe. Er hat sich nämlich im Frühjahr 2019 mit der Doktorarbeit von Carlo Lejeune befasst und dann im April 2019 die Untersuchung der Doktorarbeit bei der Uni Trier ins Rollen gebracht.
Prominenter Plagiatsjäger
Martin Heidingsfelder hat sich als Mitgründer von Vroniplag damals in der Doktor-Affäre um den damaligen deutschen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg in Deutschland einen Namen gemacht. In der Folge haben Heidingsfelder und andere etliche wissenschaftliche Arbeiten untersucht und dabei zahlreiche Plagiate festgestellt. Inzwischen gibt es ein Netzwerk namens VroniPlag Wiki, wo quasi ehrenamtlich wissenschaftliche Arbeiten untersucht werden. Martin Heidingsfelder hat hingegen aus der Plagiatssuche seinen Beruf gemacht. Er sagt, man müsse ihn schon beauftragen, damit er tätig werde. Dazu muss man auch mindestens einige Hundert Euro in Hand nehmen.
Der BRF hat mit Martin Heidingsfelder gesprochen, aber wer ihn konkret im Fall von Carlo Lejeune beauftragt hat, hat er verständlicherweise nicht verraten. Er selbst sagt von sich, dass er im Stillen arbeite, sich mit solchen Fällen nicht aktiv an die Medien richte. Daraus können wir schlussfolgern: Hier muss sich also einerseits jemand bewusst darum bemüht haben, die offizielle Untersuchung der Uni Trier anzustoßen, indem er Martin Heidingsfelder beauftragt hat und andererseits muss sich jemand bewusst darum bemüht haben, dass die ostbelgische Öffentlichkeit von dem Plagiatsvorwurf erfährt.
Die Prüfung war hier recht einfach, weil es ja schon den konkreten Vorwurf von Stengers gab. Also hat sich Martin Heidingsfelder die Arbeit von Carlo Lejeune besorgt und die von Cyrill Nunn - das ist der Autor, bei dem Lejeune abgeschrieben haben soll. Dank Software kann man Texte recht schnell gegeneinander halten und sieht dann, wo wortwörtlich gleiche Passagen auftauchen. Das war dann der erste Treffer.
Heidingsfelder sagte dem BRF aber, dass er auch andere Textstellen gefunden habe, die nicht korrekt zitiert wurden. "Die Beispiele sind umfangreich. Es gibt ganz klare Regeln für Plagiate in der Wissenschaft. Und die sind eindeutig. Wenn sie irgendwas, eine Formulierung von einem anderen übernehmen, ohne die kenntlich zu machen mit Anführungszeichen in der deutschen Sprache - dann sind sie des Plagiats überführt." Und so etwas verjährt dann auch nicht.
Uni Trier prüft Arbeit derzeit
Die Uni Trier beschäftigt sich gerade mit der Doktorarbeit. Sie schreibt uns, sie gehe dem Hinweis auf ein wissenschaftliches Fehlverhalten nach. Sie wird jetzt in einem - wie es heißt - mehrstufigen Verfahren die ganze Doktorarbeit prüfen, dazu auch externe Experten zurate ziehen und dann zu einem Urteil kommen.
Bis dahin sagt die Uni Trier nichts dazu - wie sie das grundsätzlich nicht tut in laufenden Verfahren. Die Uni Trier hat den Doktor verliehen und nur sie allein kann ihn zurückziehen. Ob sie das tut, wie sie die Arbeit von Carlo Lejeune heute bewertet, bleibt abzuwarten. Es ist nicht einmal klar, wann das Verfahren abgeschlossen werden kann. Aber bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.
Rücktritt
Carlo Lejeune ist indes am Donnerstag als Direktor des Zentrums für ostbelgische Geschichte zurückgetreten. Das ist aber kein Schuldeingeständnis. Carlo Lejeune beklagt in seiner schriftlichen Stellungnahme, dass er seit Montagabend in einem Online-Forum vorverurteilt werde, das mit - wie er schreibt - hetzerischen und verleumderischen Reaktionen. Durch die Vorverurteilung sei es ihm nicht mehr möglich für das ZOG zu arbeiten.
Er habe die Geschichtsarbeit immer mit Leidenschaft betrieben. Die wolle er sich nicht nehmen lassen. Zu den Plagiatsvorwürfen wollte er sich dem BRF gegenüber nicht mehr äußern - auch er verweist auf das laufende Verfahren an der Uni Trier.
Zentrum für Ostbelgische Geschichte nimmt Stellung zu Plagiatsvorwürfen gegen Carlo Lejeune
Olivier Krickel
Obschon ich die genauen Hintergründe des Falls nicht kenne, stelle ich mir die Frage, weshalb Menschen das Bedürfnis haben, andere in die Pfanne zu hauen und ihnen massiv zu schaden.
Als Christ halte ich es lieber mit dem Grundsatz: »Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.« (Joh 8,7)
Werter Herr Jusczyk.
Mit Bibelsprüchen lässt sich vieles rechtfertigen, schlechtes und gutes. Nur als Argument sind sie nicht geeignet. Warten wir doch mal die Untersuchungen ab.
Und was wenn alles stimmt ? Der schnelle Rücktritt lässt diesen Schluss zu. Jemand, der nichts zu befürchten hat, macht das nicht. Der wartet ruhig und gelassen ab. Geht möglichst in die Gegenoffensive, macht eine Anzeige wegen Verleumdung.
@MARCEL SCHOLZEN EIMERSCHEID
Dieses ostbelgische Onlineforum hat besagtes Thema, in seinem bekannten, oftmals hetzerischen Schreibstil, doch so aufgearbeitet, dass es automatisch zu einer Vorverurteilung kommen musste.
In meinen Augen das vorrangige Ziel dieses anonymen ostbelgischen Forums.
Auch Sie Herr Scholzen tendieren mit ihren Aussage eindeutig in Richtung Vorverurteilung.
Warten wir mal die Untersuchungen ab!
Sehr geehrter Herr Scholzen-Eimerscheid,
mir geht es einfach um das Prinzip, um die Grundhaltung.
Irgendjemand muss den Stein ja ins Rollen gebracht haben. Das wird früher oder später rauskommen zu weiterer Missgunst führen.
Leider erzeugt nicht selten ein einziger Fehltritt im Leben eines Menschen viel stärkere Emotionen als all seine bis dahin erbrachten positiven Leistungen.
Wenn wir in einem Klima leben würden, wo jeder, der einen Fehler begangen hat, eine zweite Chance erhielte, sähe die Sache anders aus.
Wissen Sie, einer jener Aspekte, die ich am christlichen Glauben revolutionär finde, ist die Tatsache, dass er die Option echter Vergebung beinhaltet. Wo gibt es das denn sonst noch in der heutigen Zeit?
Das Ganze hat, wie man vordergründig meinen könnte, nichts mit einem billigen »Schwamm drüber« zu tun, denn zur Vergebung gehört immer eine vorangegangene Reue.
Das Leben in einer Gemeinschaft kann nur dann wirklich gelingen, wenn wir zur Vergebung bereit sind; dem dürften auch Atheisten zustimmen.
Warum sollte es akzeptabel sein, wenn sich jemand eine gute Anstellung quasi "erschleicht", während andere Akademiker auf der Straße stehen? Dass er sofort zurückgetreten, scheint den Verdacht zu bestätigen. So läufts nun mal im Berufsleben. Da können Bibelsprüche meiner Meinung nach nichts ausrichten, denn es geht hier nicht um diffuse Sünden, sondern um Betrug.
Ob Doktortitel oder nicht: Brauchen wir so ein offizielles DG-Pöstchen, um unsere Geschichte zu verwalten?
Werter Herr Fink.
Jede Meinungsäußerung ist eine "Vorverurteilung". Daher entbehrt dieser Vorwurf jeder Grundlage. Wer wie Herr Lejeune in der Öffentlichkeit steht, muss sich auch unangenehme Fragen stellen lassen.
Werter Herr Jusczyk.
Natürlich muss man einem Übeltäter eine zweite Chance geben. Das wird so in den meisten Ländern der Welt so gemacht. Und das ist gut und vernünftig.
Sie finden es also nicht gut, dass jemand diese Geschichte ins Rollen gebracht hat. Angenommen Sie werden Zeuge eines Verbrechens, würden Sie schweigen oder aussagen ? Wie würden Sie entscheiden als Christenmensch ?
@MARCEL SCHOLZEN EIMERSCHEID
Ihre vorerwähnte Aussage "Jede Meinungsäusserung ist eine Vorverurteilung" ist einfach eine an den Haaren herbei gezogene Rechtfertigung.
Nicht jede Meinungsäusserung ist de facto eine Vorverurteilung. Es kommt im wesentlichen auf die Formulierung an.
Ihre erste Formulierung vom 19.11.2020 19Uhr38, "Der schnelle Rücktritt lässt diesen Schluß zu.", ist eindeutig eine Vorverurteilung.
Mit besagtem Satz bringen Sie klar und deutlich zum Ausdruck, jemand der zurück tritt, muß Dreck am Stecken haben, sonst würde er es ja nicht tun.
Wer wie Sie wegen bisher fehlender Fakten öffentlich Vermutungen als Tatsachen hinstellt und ausspricht, handelt in böswilliger Absicht.
@ Frau Gottschling:
"Warum sollte es akzeptabel sein, wenn sich jemand eine gute Anstellung quasi „erschleicht“, während andere Akademiker auf der Straße stehen?
Erstens, bis jetzt ist noch gar nichts erwiesen. Eine Privatjustiz gibt es Gottseidank nicht. Die Uni Trier ist da allein befugt zu bewerten und zu richten, nicht Sie, Frau Gottschling.
Zweitens, wer hat sich denn dadurch eine solche "gute" Anstellung "erschlichen"?
War der Doktortitel eine unabdingbare Voraussetzung für den Posten des Leiters des ZOG?
Wo stehen andere Akademiker deswegen auf der Straße? Seit mehr als 20 Jahren?
Während "drüben" dieser Titel auf den Visitenkarten prangt und fester Zusatz des Namen ist, wird er hier kaum beachtet. Beweis: Weder in den drei Bänden "Säuberung", noch in den 5 Bänden der "Grenzerfahrungen" steht das "Dr." vor dem Namen von Carlo Lejeune. Ein Zeichen, dass er damit nicht hausieren geht.
In Belgien ist es nicht üblich, jemanden mit "Docteur." anzureden, außer einen Mediziner oder eine Medizinerin natürlich.
Werter Herr Schulzen (G.),
ja, brauchen wir. Historiker müssen kompetent sein (Doktortitel sind irrelevant). Herr Lejeune (und viele andere in diesem Zentrum) sind sehr kompetent und haben das über die letzten Jahre zahlreiche Male bewiesen...
Zudem ist das ja nicht wirklich ein offizielles DG-Pöstchen. Das ZOG ist aktuell (2 Jahre glaube ich noch?) unter Geschäftsführung der DG, danach aber nicht mehr. Und der eigentliche Betrieb ist eine VoG. Also das Geklüngel hält sich dann doch arg in Grenzen.
Zudem: Und wenn schon? Die Geschichtsforschung und geschichtliche Aufarbeitung kann nicht genug unterstützt werden. Aber sie ist niemals ein Politikum. Sie entscheidet nicht über Wahlen, nicht über Maßnahmen, etc. – sie forscht, untersucht, rezensiert und berichtet. Nicht mehr, nicht weniger. Von daher finde ich es schon etwas dramatisch, wenn von Klüngelei und Pöstchenschieberei geredet wird, das Ganze zu einem Skandal aufgepuscht wird, wo doch vom ZOG keinerlei Entscheidungsgewalt oder Macht ausgeht...
Werter Herr Fink.
Spekulationen sind durch die Meinungsfreiheit gedeckt und daher weder böswillig noch aussergewöhnlich. Dies ist ein vollkommen normaler Vorgang in der politischen Debatte.
sorry Norbert-der-eifrige-Lobbyist!
Im Impressum von Band 4 (2019) steht "Dr. Carlo Lejeune".
Noli mentiri.
@B.Kartheuser:
Ja, das stimmt, lieber Bruno-der-eifrige-Pamphletist!
Oder wie soll man diesen Satz von dir auf OD im Zusammenhang mit der "Causa Lejeune" sonst einordnen: "Wann werden wir Ostbelgier endlich lernen, unseren „Sonderweg“ der ständig verbogenen Prinzipien, der missachteten demokratischen Regeln, der Hochstapelei aufzugeben!")
Ja, es stimmt, auf den Innenseiten, im Kleingedruckten, stehen alle, die an dieser Buchreihe mitgearbeitet haben, mit ihren jeweiligen akademischen Titeln, also auch "Dr. Carlo Lejeune".
Es bleibt aber, dass dieser Titel nirgendwo auf dem Einbandseiten auftaucht.
Du solltest also mit lateinischen Zitaten etwas vorsichtiger sein.
Aber Ausgewogenheit war in Bezug auf deine "tumbe" ("Krautgarten"), "sichtbar zunehmend faschistischen" (GE 27.09.1995 S.3) Heimat noch nie deine Stärke.
@M.Scholzen:
Spekulationen sind durch die Meinungsfreiheit gedeckt und daher weder böswillig noch aussergewöhnlich."
Nein, Herr Scholzen, nicht jede Spekulation ist durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Wo die genaue Grenze verläuft, ist Gegenstand eines laufenden Gerichtsverfahrens zwischen L.Paasch und B.Kartheuser. Das Urteil wird interessant werden, so oder so.
Herr M. Scholzen,
Spekulationen sind ein Stilmittel, das eingesetzt werden kann, um anderen böswillig zu schaden. Oder es ist der Ausdruck eines Mitteilungsbedürftigen, der zu faul ist, oderentlich zu recherchieren. In beiden Fällen hält sich der gesellschaftliche Mehrwert in Grenzen. Und weil etwas gang und gäbe ist, ist es noch lange nicht gut.
Werter Herr Braun.
Je suis Charlie