Letzter Akt im Mordprozess Juppi Lenaerts: Philippe Gorlé, der Vorsitzende Richter des Assisenhofs, verkündet das Strafmaß: Kathrin Hilpert muss lebenslang ins Gefängnis, ihr Sohn Christian Karkuth 30 Jahre.
Damit ging die Jury über die Anträge der Generalstaatsanwaltschaft hinaus. Diese hatte zuvor erklärt, für Kathrin Hilpert gebe es keine mildernden Umstände, ihr sei es vor allem ums Geld gegangen und das Leben des Opfers sei ihr nicht viel wert gewesen. Reue habe sie nie gezeigt.
Für Christian Karkuth hatte die Anklage mildernde Umstände geltend gemacht und 25 Jahre gefordert. Auch für ihn habe Geld eine Rolle gespielt, aber auch der Wunsch nach einer Familienzusammenführung.
Familie erleichtert
Die Zivilpartei reagierte zufrieden auf das Strafmaß, wie die Schwester des Opfers erklärte. Die Familie sei erleichtert, dass die Justiz jeden Stein umgedreht habe, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. Die Familie werde sich mit dem Urteil zufrieden geben, sagte Jo Lenaerts.
Die Verteidigung von Christian Karkuth hatte zuvor um mildernde Umstände für ihren Mandanten gebeten. Karkuths Motiv sei nicht etwa Geldgier gewesen, sondern einfach zu seiner Familie zu gehören. Er sei aber auch das Produkt seiner Kindheit und seiner Jugend, er sei letztendlich immer alleine gewesen. Karkuth zeige Reue für die Tat und habe mit den Ermittlern kooperiert.
Doch die Strafe fiel strenger aus. Das Urteil sei hart, reagierte Strafverteidiger Denis Barth. Man werde es zur Kenntnis nehmen und prüfen, ob weitere Schritte unternommen würden. Er sei eigentlich erstaunt, weil es selten vorkomme, dass eine Jury eine schwerere Strafe verhänge als die, die von der Anklage gefordert wurde.
Die Verteidigung von Kathrin Hilpert wagte sich an Vergleiche, die so manchen im Saal schockierten. Der Kriegsverbrecher Radovan Karadžić sei zu lebenslanger Haft verurteilt worden, ebenso Marc Dutroux oder Geneviève Lhermitte, die ihre fünf Kinder getötet hatte.
Kathrin Hilpert sei nicht in dieses Register einzuordnen. Das sei objektive Wirklichkeit, Bezugslosigkeit und Bindungslosigkeit zeichneten das Leben seiner Mandantin, sie verstehe andere Menschen nicht und das ziehe sich wie ein roter Faden durch ihr Leben. Ihr Strafverteidiger Patrick Thevissen meinte, es sei eine sehr harte Strafe verhängt worden, diese müsse er jetzt zur Kenntnis nehmen.
Jetzt will die Familie Lenaerts ihre Trauerarbeit in Angriff nehmen. Sie ist erleichtert, dass die Justiz ihre Arbeit getan hat und es zu einer Verurteilung gekommen ist.
Lebenslange Haft - 30 Jahre: Richtigstellung
Entgegen anderslautender Informationen verhält es sich für den Antrag auf vorzeitige Haftentlassung unter Bewährungsauflagen folgendermaßen:
Die Verurteilten zu einer Haftstrafe dürfen ihre vorläufige Freilassung unter Bewährungsauflagen nach Verbüßung eines Drittels der Strafe beantragen.
Der Antrag darf jedoch erst nach 15 Jahren gestellt werden, falls es sich um eine lebenslängliche Strafe oder eine Strafe von 30 Jahren oder mehr handelt. Dabei wird die Untersuchungshaft mitgerechnet. Die lebenslange Haft hat somit einen symbolischen Wert, solange das entsprechende Gesetz nicht abgeändert wird.
Kathrin Hilpert, die der belgischen Gesetzgebung unterliegt, kann damit, sobald der Entscheid rechtskräftig ist, einen Antrag nach 15 Jahren stellen. Christian Karkuth, der ausgeliefert wurde, wird seine Strafe in Deutschland verbüßen und unterliegt dem deutschen Recht.
Chantal Delhez