Konkret ging es um die Tatsache, dass die Angeklagte - die Lebenspartnerin von Juppi Lenaerts - nach dem Mord immer wieder versucht hat, die Familie auf eine falsche Spur zu bringen, um die Tat zu vertuschen. Sie hat kaltblütig immer wieder neue Geschichten erfunden, damit niemand Verdacht schöpfte. So gab sie an, Juppi sei nach Spanien gereist und hätte sich dort eine Auszeit gegönnt. Doch sie veränderte ständig ihre Geschichten, die dann irgendwann Ungereimtheiten aufzeigten.
Außerdem erschien es den Geschwistern einfach nicht normal, dass sie von ihrem Bruder nichts mehr hörten, und sie machten sich immer mehr Sorgen. Die Aussage hat die Schwester von Juppi Lenaerts am Donnerstag sehr mitgenommen. Einerseits, weil sie all diese Ereignisse noch einmal erzählen musste. Und andererseits merkte man ihr auch die schwere menschliche Enttäuschung an über diese Frau, die zu dem Zeitpunkt das Vertrauen einer ganzen Familie genoss. Sie sah die Angeklagte damals als Schwägerin an und wollte sie unterstützen.
Kurz bevor der Mord entdeckt wurde, ist die Schwester noch mit der Angeklagten im Casino gewesen, wo sie des Öfteren gemeinsam mit Juppi waren. Dort hat die Angeklagte 500 Euro gewonnen und der Schwester des Opfers 100 Euro davon geschenkt. Und dann hat sie ihr so etwas wie einen Judaskuss gegeben, sie umarmt und geküsst und ihr gesagt, wie sehr sie sie möge - obwohl der Mord schon lange hinter ihr lag.
Aussagen von Chef und Kollegen
Es kamen auch Kollegen von Juppi Lenaerts zu Wort. Sein Chef und ein Arbeitskollege beschrieben ihn als kollegial, liebenswert, zuvorkommend und fröhlich. Ein Mann, der auch mal sagt, was er denkt, wenn es ihm nicht gefällt, aber ein Mann, auf den man sich verlassen konnte.
Als Juppi nach dem Mord dann nicht zur Arbeit erschienen ist, hat die Angeklagte den Chef mehrmals angerufen und drei verschiedene Geschichten erzählt, unter anderem die, dass er sich in Spanien eine Auszeit gönnen wollte. Darüber hat er sich eigentlich nicht gewundert, nur darüber, dass Juppi ihn nicht informiert hatte. Es war schließlich der Arbeitskollege, dem das Ganze ziemlich verworren vorkam, der eine Vermisstenmeldung bei der Polizei aufgegeben hat, weil er es nicht schaffte, Juppi zu erreichen.
Persönlichkeitsstörung
Auch psychiatrische und psychologische Gutachten wurden am Donnerstag vorgestellt. Die Angeklagte hat aus Sicht der Experten eine antisoziale Persönlichkeitsstörung und im Ansatz eine psychopathische Störung. Sie wird als reizbar, manipulativ, egozentrisch und oberflächlich beschrieben, hat Probleme mit der Autorität und ihre Gefühlswallungen nicht unter Kontrolle.
Zum Tatzeitpunkt war sie aus Sicht der Experten nicht in einem Zustand schwerer Psychose und wusste, was sie tat. Mit anderen Worten: keine verminderte Schuldfähigkeit, keine Unzurechnungsfähigkeit und theoretisch gesehen bestehe Rückfallgefahr. Sie sei auch schwer therapierbar.
Was den Angeklagten angeht, also den Sohn, handelt es sich laut Experten um eine antisoziale Persönlichkeit, am Rande der Kriminalität, pathologisch narzisstisch, egozentrisch, planlos, aber schuldfähig. Bei ihm bestehe eindeutig eine erhebliche Rückfallgefahr.
Der Mordprozess vor dem Schwurgericht in Eupen wird am Freitag mit weiteren Zeugenanhörungen fortgesetzt.
Chantal Delhez