Kurz vor Mittag zeigt das Thermometer über 30 Grad auf einer Baustelle am Ortseingang von Raeren. Dachdecker Daniel Heuschen bringt die "gefühlte Temperatur" so auf den Punkt: "Sehr warm. Wir sind es langsam gewöhnt. Je länger die Hitze anhält, desto besser kommt der Körper damit klar. Manchmal ist der Umschwung aber zu radikal."
Aufs Thermometer schauen er und seine Kollegen bei der Arbeit nicht: "Sonst hält man sich dran und verliert die Lust", lacht Daniel Heuschen.
Dank langjähriger Berufserfahrung als Dachdecker weiß Daniel Heuschen auch, wie er mit der Hitze umgehen kann. "Mein Rhythmus ist ein bisschen verringert, sonst kippt man um da oben", erklärt er. "Ich trinke halt sehr viel und wenn möglich suche ich den Schatten in der Mittagspause."
Während der Arbeit auf dem Dach zeigt sich die Sonne unerbittlich, weiß auch sein Chef Henri Crutzen. Schatten gibt es nicht: "Das ist in unserem Job unmöglich." Wo soll man auch hin, wenn man auf dem Dach ist? "Da gibt es keinen Schutz, außer den Kopf zu bedecken und etwas aufzupassen."
Knielange Hose und T-Shirt sind die einzigen Freiheiten, die sich die Arbeiter erlauben. "Sonst geht das zu Lasten der Haut. Man schützt sich so gut man kann - und hält einfach durch", lacht Daniel Heuschen.
Einige legen sich ihre eigene Hitzestrategie zurecht, wie Josua van Aefferden. "Für mich ist es schon mal gut, wenn wir früh anfangen, dann können wir uns langsam an die steigende Hitze gewöhnen. Die letzten Tage war es morgens auch schon sehr warm, da fällt es schon etwas schwerer, mit dem Wetter zurecht zu kommen."
Alles eine Sache der Einstellung, findet Josua van Aefferden, der sich zu motivieren weiß: "Ich stelle mir schon mal vor, wie ich nach Feierabend in den Pool springen kann."
Wenn es irgendwie geht, kommt der Chef seinen Arbeitern in solchen Zeiten entgegen: "Indem sie morgens um fünf, halb sechs schon anfangen und eine Stunde oder zwei früher Feierabend machen. Kann man machen, liegt aber an ihnen. Das können sie sich aussuchen", so Crutzen.
"Aber wenn wir eine Baustelle im städtischen Bereich haben, können wir natürlich auch nicht zu früh Krach machen", sagt Crutzen. Man könne aber auch die Reihenfolge der Baustellen entsprechend planen. "Nur, wenn etwas mit dem Brenner unbedingt abgedichtet werden muss, dann muss es auch gemacht werden, wenn es warm ist."
Jedenfalls können Henri Crutzen und seine Leute den Betrieb nicht einstellen, bis die Hitzewelle vorbei ist. "Sonst arbeiten wir überhaupt nicht mehr: Im Winter können wir ja auch nicht arbeiten und im Sommer hätten wir dann hitzefrei."
Auch das hat Daniel Heuschen aber mit seinen 27 Jahren im Betrieb schon erlebt: "Wir haben vor Jahren mal in Gemmenich die Kirche eingedeckt, da wurden die Schieferplatten so heiß, dass uns der Meister Pause von der Baustelle gegeben hat, weil es war unerträglich. Morgens um 9 Uhr konnten wir schon Spiegeleier auf den Schieferplatten backen, so heiß war es."
Und noch an andere Extrembedingungen kann sich der Dachdecker erinnern. "Wir hatten auch schon Situationen auf Flachdächern. Dort arbeiten wir mit PVC-Folien oder mit alubeschichteten Isolierungen. Vor Jahren auf einem Fabrikgelände wurde so ein Dach 80 Grad heiß. Da ist uns ein Feuerlöscher oben geplatzt, den wir aus Sicherheitsgründen dabei hatten." Auch da haben die Dachdecker ausnahmsweise hitzebedingt Feierabend gemacht.
Stephan Pesch