Die Kinder vom ersten bis zum dritten Schuljahr haben gemeinsam ein Gedicht einstudiert, so kennen das auch noch die Großeltern und Urgroßeltern. Und jetzt kommen die neuen Medien ins Spiel. Die Kinder ziehen sich in Zweierteams mit einem Tablet zurück, um sich selbst beim Aufsagen des Gedichts aufzunehmen und anzuhören.
"Die Kinder haben mit verschiedenen Apps die ersten Erfahrungen gesammelt. Wir nutzen das jetzt ab und an im Unterricht und die Kinder sind total begeistert, wenn sie mit den iPads arbeiten dürfen", sagt Lehrerin Vanessa Marx.
Bei den Tonaufnahmen im Zweierteam geht es um Selbstwahrnehmung, aber auch um das Feedback des Klassenkameraden. Die Bedienung mit dem Finger auf dem Touchscreen ist sowieso kinderleicht. Und die neuen digitalen Möglichkeiten lassen sich mit anderen Unterrichtsmethoden kombinieren. "Im Kunstunterricht haben wir dazu ein passendes Kunstwerk gestaltet. Zum Schluss durften die Kinder das Gedicht dann abtippen und illustrieren."
Vermittelt wird von Anfang an auch ein verantwortungsvoller Umgang mit den Geräten. Die Tablets sollen aber bis auf Weiteres Papier und Bleistift keineswegs überflüssig machen, sagt Nadja Born, eine von zwei medienpädagogischen Begeliterinnen, die den einzelnen Schulen zur Seite stehen.
"Dieser analoge Unterricht, das Lernen von Gedichten, ein Bild zu malen … das wird es weiter geben. Das iPad kommt hinzu - was bietet dieses Gerät mir für Möglichkeiten? Die Sprachaufnahme lässt die Kinder hören, wie sie reden: Hört das sich gut an? Rede ich zu schnell, zu langsam? Und sie müssen es nicht gleich vor der ganzen Klasse vortragen nach dem Muster: Hauptsache, ich bin fertig und habe es schnell gesagt", erklärt Nadja Born.
Die Schulen der Gemeinde Amel haben sich die Finanzierung des Projekts durch die Wallonische Region gesichert - über die Teilnahme am Wettbewerb "Ecole numérique" (Digitale Schule). "Digitalisierung bedeutet nicht in erster Linie, die Schulen mit den Geräten auszustatten und wir sind hip und modern. Es geht um zeitgemäßen Unterricht: Welche Kompetenzen brauchen unsere Kinder, damit sie besser auf die Zukunft und auch schon auf die Gegenwart vorbereitet sind", so Nadja Born.
Eine Klasse höher, in den Schuljahren vier bis sechs, haben die etwas größeren Schüler und ihre Lehrerin Anja Hugo die neuen Medien ebenfalls in ihren Unterricht integriert. "Zum Beispiel mit einem Schreibprogramm, wo sie ihre Texte abschreiben und mit Zeichnungen oder Fotos gestalten können. Sie lernen, wie sie lizenzfreie Bilder aus dem Internet einfügen können usw."
Auch in dieser Altersstufe sind die Erfahrungen positiv, wie der zehnjährige Dario und die bald zwölfjährige Liesl berichten. "Früher mussten wir immer erst einen Beamer aufbauen, jetzt können wir schnell aufs Tablet schauen, können Sachen ausdrucken, es macht viel Spaß", sagt Liesl. Dario fügt hinzu: "Weil wir arbeiten ja auch mit Bildern bei Schreib-Apps und hören vieles über Youtube und so …"
Ganz klar ist, dass auch auf die Lehrer einiges zukommt durch den Einsatz der neuen Medien. "Wir sind den Kindern natürlich einen Schritt voraus, wir sind Weiterbildungen gefolgt, mit Vorträgen und Konferenzen … Es ist auch für uns ein Lernprozess, aber wir gehen ihn gern. Es ist sehr spannend."
Stephan Pesch