Die Idee zur Gründung der Brauerei-Technik AG kam sowohl von den Dozenten als auch den Studierenden. Professor Dr. Nils Tippkötter vom Lehrbereich Bioverfahrenstechnik begleitet die Studierenden der Brauerei-Technik AG. "Einer der Kernbereiche der Ausbildung ist die Biotechnologie. Das Brauen basiert im Grunde sehr stark darauf", erklärt Tippkötter. "Man arbeitet mit Enzymen, Mikroorganismen und stellt etwas her, was man dann nachher noch benutzen kann, in dem Fall Bier. Es ist für die Studierenden die Möglichkeit, das, was sie in der Theorie lernen, mal in der Praxis ein bisschen genauer kennenzulernen."
Es soll eine Verbindung zu den Natur- und Ingenieurswissenschaften hergestellt werden. Bierbrauen als eine interdisziplinäre Lehre. "Die Stahlkessel zum Beispiel müssen beheizt werden. Es geht also auch um Materialwissenschaften, aber auch um Automatisierung, messen, steuern, regeln, so dass auch Elektrotechniker mitmachen können oder Maschinenbauer, wenn es um die Konstruktion der Anlage geht", weiß Tippkötter. "Im Grunde sind also viele involviert, sowohl von den Studierenden als auch von den Mitarbeitern. Sie kommen aus allen möglichen Fachgebieten und arbeiten dann als Team zusammen."
Ungefähr ein Tag wird für den Teil des Bierbrauens benötigt, bei dem die Studierenden auch wirklich mitwirken. Los geht es mit dem Zermahlen des Getreides zur Malzgewinnung. Anschließend wandeln Enzyme in einem Maischbottich das Malz in Zucker um. Beim "Läutern" wird Festes von Flüssigem getrennt. "Dann kommt das Hopfenkochen, das heißt, das Material wird sehr heiß gemacht. Es wird bei 100 Grad Celsius für eine längere Zeit gekocht. Zum einen werden dann alle Keime, die noch da sein könnten, abgetötet, zum anderen kann man damit das Bier würzen. Während dieser Zeit wird nämlich der Hopfen zugegen", erklärt Tippkötter. "Für die Chemiker gibt es dann noch ein paar spannende chemische Reaktionen, unter anderem die 'Oktoberfestumlagerung'. Diese beeinflussen den Geschmack stark."
Anschließend runter kühlen auf 20 Grad Celsius und der Prozess ist beinahe abgeschlossen. "Dann kommt im Grunde die Biologie dazu. Es werden Mikroorganismen zugegeben, die den Zucker in Alkohol umwandeln. Je nach Biersorte dauert es dann drei bis sechs Wochen ungefähr, bis das Bier endgültig fertig ist."
2018 wurde die Brauanlage in Betrieb genommen. Die 15 bis 20 Studierenden dürfen selbst entscheiden, welche Biersorten gebraut werden sollen - egal ob mit deutschem Reinheitsgebot oder ohne. "Es ging los mit einem ganz klassischen Pils", erinnert sich Tippkötter. "Die neueren waren dann aber zum Beispiel ganz dunkle Biere. Jetzt haben wir gerade ein ganz leichtes Bier für den Sommer gebraut, das weniger Alkohol hat und ein bisschen lockerer schmeckt. Aber wir sind noch lange nicht am Ende. Wir gestalten die Biere aus dem Nichts heraus, das heißt, sie werden wirklich neu berechnet und das ergibt neue Biersorten."
Zusätzlich können sich die Studierenden die Leistungen für ihr Studium anrechnen lassen. Dazu erhalten sie in Vorlesungen auch die theoretischen Grundlagen. "Es gibt ein Seminar, in dem das neue Bier und der Braugang entworfen und berechnet werden. Wobei es noch ein bisschen weiter geht, denn es gibt auch einen wissenschaftlichen Anspruch. Es wird sehr viel Analytik gemacht mit den Geräten, die wir hier in den Laboren haben. Die Studierenden schauen sich auch sehr genau an, was genau zu welchem Zeitpunkt passiert während der ganzen Reaktionsschritte. Das wird dann nochmal in einem Schlussvortrag zusammengestellt. Und wenn alles geschafft ist, gibt es dafür auch tatsächlich Leistungspunkte."
Darauf dürfen die Studierenden dann mit dem selbstgebrauten Bier anstoßen und es sich für den privaten Verzehr abfüllen. Den übrigen Teil lagert die Hochschule und schenkt ihn bei Bedarf auf Veranstaltungen aus.
Olga Duckwitz