"Bissula" heißt das fast 17 Meter lange Segelschiff, benannt nach der Frau des antiken Dichters Ausonius, der das Moseltal besungen hat. Mehr als 80 Wissenschaftler und Studenten, Handwerker und unzählige Freiwillige haben das Schiff in zwei Jahren originalgetreu nachgebaut. Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Wahltriererin und Taufpatin, freut sich über das Ergebnis. "Ich bin total begeistert. Es ist wirklich ein wunderschönes Schiff. Es ist nicht nur wissenschaftlich, sondern auch handwerklich ein wahres Kunstwerk. Insofern freue ich mich, dass ich heute hier sein und Patin sein darf."
13 Kiefern, zehn Eichen, zwei Weißtannnen und jede Menge Krummhölzer aus dem Trierer Stadtwald - soviel Holz brauchte man für die Rekonstruktion. 2.800 Holznägel wurden gedrechselt. Die Schiffsbauer mussten sich alte Handwerkstechniken aus der Römerzeit aneignen. Das alles um ein orignalgetreues Segelschiff bauen zu können, wie es damals im Mittelmeer unterwegs war. Es soll bei der Erforschung des römischen Handels neue Erkenntnisse liefern.
Christoph Schäfer, Professor für Alte Geschichte an der Universität Trier, leitet das Projekt. So viel weiß man: Der antike Handel war schon sehr global. "Wir sehen es zum Beispiel in Britannien, das 43 nach Christus erobert wird. Dort wird der Wein mit Hunderttausenden Amphoren jedes Jahr komplett aus dem Mittelmeerraum importiert in den ersten Jahrzehnten. Das bedeutet, dass man über den Atlantik nach Britannien gefahren ist. Gigantisch viele Schiffe sind da verkehrt", erklärt Schäfer. "Der Wein kommt aber aus Mittelitalien, zum Teil aus der Ägäis. Das zeigt, wie vernetzt die römische Wirtschaft ist. Damit wird es spannend, denn die EU ist viel kleiner als das Römische Imperium und das Römische Imperium hatte ein einheitliches Rechtssystem und eine einheitliche Währung."
Und um zu wissen, wie leistungsstark diese Transportschiffe damals unterwegs waren, dient die Rekonstruktion. Die Bissula soll als Messinstrument präzise Daten liefern. "Das was uns interessiert, sind die Daten über das Segeln: Bei welchem Windwinkel, welcher Windgeschwindigkeit kann das Schiff in welcher Richtung wie schnell fahren?", so Schäfer. "Damit können wir Fahrzeiten kalkulieren und die Transportkosten, wenn wir uns Gedanken machen über Globalisierungsphänomene, die wir in der antiken, gerade in der römischen Wirtschaft feststellen können."
Vorlage für den Nachbau war ein versunkenes Schiff aus dem 3. Jahrhundert. Das Wrack wurde 1978 an der französischen Mittelmeerküste geborgen. Nach Plänen des Museums für Antike Schiffahrt erstellte die Trierer Hochschule eine virtuelle 3-D-Konstruktion - Basis für den Nachbau.
Für Michael Hoffmann und seine Studenten vom Fachbereich Maschinenbau eine ungewöhnliche und spannende Aufgabe. "Wir beschäftigen uns in der Regel mit anderen Fahrzeugen der Neuzeit und der Gegenwart. Aber die Technologien, die wir einsetzen, haben wir auch bei der Rekonstruktion des Schiffes eingesetzt."

Jetzt ist die Bissula ist so gut wie startklar für ihre Wissenschaftsmission. Und Kapitän Professor Schäfer auch. "Wir werden das Schiff in den kommenden zwei Wochen fahrfertig machen, so dass man wirklich auslaufen kann. Das Meiste ist getan. Es schwimmt, es funktioniert so weit alles", freut sich Schäfer. "Dann werden wir die Tests beginnen. Erstmal das Schiff in Griff kriegen und sehen, wie die Ruderanlage funktioniert. Denn wir wissen nicht, wie das letztlich klappt. Das ist eine Doppelruderanlage, anders als wir das bei heutigen Schiffen kennen, wo man ein Ruder am Heck hat. Ich bin aber optimistisch, dass wir es in den nächsten Wochen so im Griff haben, dass wir mit den Messungen beginnen und die Daten erheben können."
Und wer weiß, vielleicht wird ja auch eines Tages der Traum der Wissenschaftler wahr, mit der Bissula nicht nur auf der Mosel, sondern auch auf dem Mittelmeer kreuzen zu können - dort wo das Original vor 2.000 Jahren Waren aus dem Römischen Reich transportierte.
Michaela Brück