Wenn es bei dieser Entscheidung bleibt, werden die Angehörigen nicht einmal zur Beisetzung in ihre türkische Heimat reisen können, weil dann keine legale Rückreise nach Belgien möglich wäre. Und in der Türkei müssten sie erneut mit Verfolgung rechnen.
Es ist ein kaum vorstellbares menschliches Drama, das sich hier abspielt - mitten in Eupen, in einem Haus an der Neustraße.
Birgüf Güler ist unheilbar an Gebärmutterkrebs erkrankt. Im Endstadium. Die alevitische Kurdin, mit 33 Jahren Mutter von vier Mädchen (das kleinste gut ein Jahr alt, die älteste Tochter 15) hat nach ärztlicher Einschätzung vielleicht noch zwei, drei Monate zu leben. Erst bei der Geburt ihres jüngsten Kindes wurde die Erkrankung entdeckt - bereits weit fortgeschritten. Alle Versuche, das Wachstum des Tumors einzudämmen, waren vergeblich. Chemotherapie, Bestrahlung - nichts half.
Die Frau hat nur noch einen Wunsch: Sie will erleben, dass ihr Ehemann und die Kinder eine Zukunft in Belgien haben. Vor über zehn Jahren sind die Gülers aus der Türkei vor politischer Verfolgung geflüchtet.
Doch alle Bemühungen um einen Aufenthaltstitel schlugen fehl. Der Versuch über die Familienzusammenführung mit ihrer Schwägerin Fatma, die ihren Wohnsitz von Leverkusen nach Eupen verlegt hat, scheiterte. Ebenso das Ansinnen, über den Artikel 9ter gesundheitliche Gründe geltend zu machen. Die Brüsseler Ausländerbehörde schickte jeweils negative Bescheide. Letzte Begründung: Die Krankheit sei nicht schwerwiegend genug.
Schwägerin Fatma hat ihren Kampf für die Schwerstkranke und die Familie noch nicht aufgegeben: "Seit zwei Jahren engagiere ich mich dafür, dass die Familie einen Aufenthaltstitel bekommt. Mein Ziel ist es, dass wenn Birgüf stirbt, sie den inneren Frieden hat, dass ihre Kinder ein sicheres Leben führen können", so Fatma. "Es ist menschenunwürdig, was hier passiert. Die Behörden entscheiden über Menschenleben, deren Schicksal sie nicht kennen."
Fatma Gülers Einsatz könnte vergeblich sein. Das wissen alle bei den Gülers. Ihr Gemütszustand schwankt zwischen Resignation und Wut. "Die Familienzusammenführung haben wir vier Mal beauftragt. Das letzte Mal wurde der Antrag abgelehnt mit der Aussage, Birgüf sei nicht krank genug. Das ist eine Unverschämtheit."
Auch Marie-Anne Letocart will helfen in dieser absoluten Notlage. "Ich möchte helfen bei der Kommunikation mit den Pflegern und Anwälten, da ich Türkisch spreche. Man leidet einfach mit. Die Situation ist inakzeptabel."
Der Kelmiser Anwalt Cédric Robinet wird Widerspruch einlegen gegen die Entscheidung des Ausländeramtes über die medizinischen Gründe. Die Rechtmäßigkeit dieser letzten Entscheidung würde dann von einem Gericht überprüft, dem Rat für Ausländerstreitsachen. Aber das kann Monate, wenn nicht Jahre dauern. Es ist zu befürchten, dass Birgüf Güler dann nicht mehr lebt.
Aufgrund der Gesetzeslage sind die Erfolgsaussichten gering. In der engen teuren Wohnung, Kaltmiete 650 Euro, teilt sich Vater Ergül mit den vier Kindern ein Zimmer. Alle sind stets in der Nähe der Todkranken, die noch 36 Kilogramm wiegt und unter Morphium ihr Schicksal mutig trägt.
Ergül Güler zeigt auf seinem Handy Bilder aus glücklicheren Zeiten. Der Mann hofft immer noch, dass seine Frau, wie durch ein Wunder, genesen kann. Doch das wird wohl ebenso ausbleiben wie ein Umdenken der politisch Verantwortlichen im Land.
Gesetze und Paragraphen sind gegen die Gülers, und auf dieser Grundlage entscheiden Behörden und Gerichte. Die Menschlichkeit bleibt dabei allzu oft auf der Strecke. In diesem Fall in besonders drastischer, brutaler Weise.
Unterstützer der Familie Güler wollen am 28. Juni in Verviers ein Benefizkonzert zugunsten der schwersterkrankten 33-jährigen Birgüf veranstalten.
rs/rasch
Ich hatte vor ca. 30 Jahren schon das zweifelhafte Vergnuegen, in einem aehnlich gelagerten Fall, mich mit dieser unmenschlichen Auslaenderbehoerde aus einanderzusetzen. In der Zwischenzeit ist diese Behoerde scheinbar noch unmenschlicher geworden. Dieser Fall laesst wieder Wut und Zorn in mir aufsteigen. da hilft nur noch beten: Herr, hilf mir ein anstaendiger Mensch zu bleiben.
Ja doch , Menschlichkeit und Mitgefuehl ist bei vielen Beamten in Bruessel derartig unbekannt , dass sie selbst noch ihr Grossmutter abschieben oder verkaufen wuerden, wenn sie da durch ihren selbstherrliches Weltbild und Machtfuelle ausspielen koennen! Das selbstherrliche Beamtentum ist das andere Belgien, was wenig mit unserem schoenen und mitmenschlichen Belgien zu tun hat!
Ich wuensche dieser Familie nicht nur viel Kraft zum "DURCHHALTEN" sondern auch der Gewissheit, dass es andere Belgier/innen gibt, diese zum mindest geistig mit ihnen mitfuehlen ! Solche Unmenschlichkeit macht auch mich boese !
Was ist das für ein Land, in dem wir leben?
Wo bleibt das Engagement der Politikerschar, die in den letzten Wochen mit Zahnpastalächeln, Worthülsen und Platitüden um unsere Stimme geworben haben?
Danke für diesen empathischen, engagierten Bericht, Rudi Schröder!
Er wird seine Wirkung hoffentlich nicht verfehlen.
ALLE ostbelgischen Politiker sollen BITTE SOFORT versuchen zu intervenieren und ihre Beziehungen und Netzwerke in Gang setzen!
Man muss sich schämen für den braunen Beamtensumpf in Flandern, Brüssel und Wallonien, den wir hier in der DG mit unseren hart erarbeiteten Steuergeldern göttlich bezahlen.
Dem Tod sehenden Auges entgegen treten zu müssen, erleben zu müssen wie der Krebs den eigenen Leib oder den eines lieben Angehörigen, der Ehefrau oder der Mutter langsam zerfrisst und das Leben aus dem Körper entweicht ist sicherlich eine Prüfung die unser aller Mitgefühl und Empathie auslöst und verdient. Dieses Leid muss aber nicht nur die Familie Güler ertragen und überwinden, in den onkologischen Abteilungen unserer Krankenhäuser und in den Stuben unserer Heimat erleiden viele Menschen das gleiche Schicksal. Der Unterschied ist das die Familie Güler durch diesen Beitrag und die Kommentare instrumentalisiert wird um eine „offene Grenzen Politik“ oder „Willkommenskultur“ durch ein medizinisches Leiden zu rechtfertigen. Dieses ist einfach widerlich. Es ist unredlich das Leidens der Mutter mit dem Erlangen der Aufenthalsgenehmigung für die Familie zu machen.
Es geht nicht um "Willkommenskultur" (von Rechts diskreditiertes Vokabular lässt grüßen), sondern um Menschlichkeit. Sie wissen schon, dieses merkwürdige Gefühl, das man bekommt, wenn man andere leiden sieht...
Es ist unredlich das Leiden der Mutter mit dem Erlangen der Aufenthaltsgenehmigung für die Familie zu verbinden.
Wenn ein Land über 10 Jahre eine Familie duldet, wohl wissend was inzwischen in der Türkei mit Kurden passiert, da tut die Ähnlichkeit des Namens mit dem Erzfeind Gülen vielleicht nichts zur Sache, aber dann ist es eine Schande, diese Familie wieder zurückzuschicken. Und Herr Schuhmacher, wenn einer der Gründe der Ausländerbehörde ist, das man “nicht krank genug sei”, muß dies ja eine Tatsache sein, die durchaus berücksichtigt wird. Und obwohl die Beamten zum Großteil aus dem Franken-Lager kommen, so ist doch im Augenblick eine Ärztin verantwortlich, die so gelobt wird für ihre gerechten Entscheidungen - 2 x daneben - aber hunderte von asyrischen Christen (meistens Türkei) wurden ins Land geschleust mit Visa für die sie bis zu 10.000 Euro zahlten, von einem NV-A Schöffen aus Mechelen, wo seit Jahrzehnten eine Gemeinschaft lebt, der er selbst angehört, dann ist das seitens der Ausländerbehörde rechtens. Armes Belgien
Es ist bezeichnend, dass ein NVA-Anhänger in dieser Angelegenheit nicht versteht, dass es hier genau um die Verteidigung und Umsetzung der Werte geht, die insbesondere die rechten Populisten heuchlerisch und pathetisch als christlich abendländisch umschreiben.
Die "Barbaren" sind wir.
Nein Herr Schumacher. Es ist nicht unredlich. Das Gesetz ermöglicht es, aufgrund gesundheitlicher Gründe, eine Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen.
Dies sind humanitäre Gründe. Schonmal von gehört? Offensichtlich nicht.
Warum wundert mich das nicht?
Wer als gut bezahlter Föderalbeamter eine wehrlose mit totkranker Person, eine friedliche Kurdische Familie abschiebt, deren Töchter alle einen hohen Schulabschluss machen unter Beherrschung aller drei Landessprachen, ist ein rassistischer Verbrecher im Beamtendienst und kein Christ.
Wer als Föderalbeamter einer asyrischen Flüchtlingsfamilie 10.000 EUR Schmiergeld getarnt als Visum wegnimmt damit keine Gummiknüppel am Flughafen auf den Schädel wehrloser Frauen und Kinder knallen ist absolut der Antichrist.