Geht es nach dem Willen der N-VA, dann sollen die Geschäfte von 5 Uhr morgens bis 21 Uhr statt 20 Uhr abends öffnen können. Und der bislang vorgeschriebene feste Ruhetag pro Woche soll verschwinden. Der N-VA-Kammerabgordnete Werner Janssen will einen entsprechenden Gesetzesvorschlag noch in dieser Legislatur einbringen.
Begründung: Wer länger einkaufen kann, der verzichtet vielleicht darauf, online zu bestellen. Außerdem gebe es inzwischen so viele Doppelverdiener, die es immer schwerer hätten Arbeit, Familie und Einkäufe unter einen Hut zu bekommen.
Für den N-VA-Vorschlag gibt es kaum Applaus. Die Mittelstandsvereinigungen und Gewerkschaften sind dagegen. Das war schon bei einem ähnlichen Vorschlag der Open VLD vor ein paar Jahren so, erklärt der Präsident der ostbelgischen Mittelstandsvereinigung, Guido Zians: "Was bedeutet es für die Geschäftsinhaber? Was bedeutet es für das Personal? Dass sie einfach mehr verfügbar sein müssen - für einen doch relativ zweifelhaften Mehrwert."
Keine Pflicht
Dabei ist die aktuelle Gesetzeslage schon nicht besonders streng. Bereits jetzt kann man von 5 bis 20 Uhr sein Geschäft öffnen, an Freitagen und vor Feiertagen sogar bis 21 Uhr. Hinzukommen zahlreiche Ausnahmeregelungen für gewisse Branchen, was Sonntagsarbeit angeht.
Dabei muss man wissen: Eine Erweiterung der Ladenöffnungszeiten wäre ja auch nicht verpflichtend. Bei der Fördergemeinschaft St. Vith ist man deshalb auch relativ entspannt. Denn am Ende werde es sowieso jeder handhaben, wie es ihm passt, erklärt deren Präsident Thomas Gritten. "Das ist eine Sache, die vielleicht nicht für jeden in Frage kommt, aber für gewisse Betriebe von Interesse sein kann."
"Ich denke vor allem an größere Betriebe, die mit Personal arbeiten. In St. Vith selber gibt es viele Inhaber-geführte Geschäfte, deren Inhaber ohnehin schon einige Stunden hinter dem Tresen stehen. Für die wird es vielleicht nicht so ganz von Interesse sein", so Gritten.
Klar ist allerdings auch: Den kleinen Einzelhändler könnte die Flexibilisierung schon unter Druck setzen. Dem Argument Familienfreundlichkeit wollen deshalb auch nur wenige folgen.
"Ich glaube, die N-VA denkt da nicht an die annähernd 250.000 Arbeitnehmer in Belgien, die im Handel arbeiten und die manchmal im kleinen Einzelhandel auch gar keine Zuschläge kriegen für solche Arbeitszeiten. Die Vereinbarkeit mit Familie und Beruf sei mal dahingestellt", erklärt Vera Hilt von der Christlichen Angestelltengewerkschaft CNE.
Nicht mehr Gewinn
Hauptkritik fast aller Akteure: Es komme mit einer Verlängerung überhaupt nicht zu einer Umsatzsteigerung, sondern lediglich zu einer Umsatzverlagerung, erklärt auch Renaud Rahier von der sozialistischen Gewerkschaft FGTB: "Wenn ich den Laden von 5 bis 21 Uhr öffne, muss ich natürlich auch entsprechend Personal zur Verfügung stellen. Ich muss länger heizen, länger die Beleuchtung anmachen. Das sind alles Kosten. "
"Aber ein Euro ist eben nur ein Euro, den kann man nur ein Mal ausgeben. Nur weil länger auf ist, heißt das nicht, dass ich mehr konsumiere. Das bedeutet: Ich habe als Kaufmann mehr Kosten, aber dafür nicht mehr Umsatz und Gewinn", so Rahier.
Lediglich Comeos, der Verband der Großhändler und Supermärkte sieht in dem Vorschlag einen Nutzen. Verständlich, sagt Vera Hilt von der CNE. "Die werden natürlich in dem Moment teilweise absahnen. Das sind die großen Ketten, die heute schon E-Commerce betreiben, die dann die Möglichkeit haben werden, im ganzen Land sonntags zu öffnen. Und die können den Kleinen dann noch mehr Konkurrenz machen."
Bei allem Für und Wider. Für Thomas Gritten von der Fördergemeinschaft St. Vith ist die Sache klar: "Das Thema wird immer für Diskussionen sorgen. Es wird immer verschiedene Ansichten und Meinungen geben. Die einen warten sehnlichst darauf, die anderen können gut darauf verzichten. Da wird man keinen Konsens finden."
Ob der Gesetzesvorschlag überhaupt noch in dieser Legislatur Realität wird, ist dann doch eher unwahrscheinlich. Seit dem Ausstieg der N-VA aus der Regierung sitzt sie auf der Oppositionsbank. Und das noch mindestens bis Ende Mai. Für Renaud Rahier ist die Sache dann auch eindeutig: "Im Mai ist Stichtag, da geht es darum, wiedergewählt zu werden. Deshalb versucht man, Wahlkampf zu betreiben - mit allem Blödsinn."
vkr/km