Wie ein großer Drache faucht der Ofen, als Wasserdampf in den Backraum eingeblasen wird. Der Dampf macht die Kruste knusprig und glänzend. Langsam wächst das Roggensauerteigbrot. Die weiß bemehlte Kruste bricht auf, darunter goldbrauner Teig. Die Backstube riecht nach frischem Brot und Honig.
Dass Sauerteig nur mit Mehl, Wasser und Salz gemischt so riechen kann, finde er besonders faszinierend, sagt Bäcker Benjamin Ramakers, während er zufrieden in den Ofen schaut. "Meine Mutter hat zuhause immer selbst Brot gebacken. Als junger Mann war ich dann bei der Bäckerei Rinck in Eupen schauen. Das hat mir sofort gefallen: die Wärme, die guten Gerüche. Es ist sinnvolle Arbeit."
Benjamin Ramakers ist Purist. In seine Brote kommen keine künstlichen Zusatzstoffe. Alle Mehle haben Bioqualität. Am liebsten sind Ramakers alte Sorten und Getreide, die in konventionellen Bäckereien schon länger nicht mehr in den Gärkörben landen. Solche Mehle haben einen eigenen Charakter, werden von Wetterbedingungen beeinflusst und fordern die volle Aufmerksamkeit des Bäckers.
"Die alten Sorten wurden nicht genetisch verändert. Sie wachsen höher und dadurch langsamer. Sie bilden mehr Wurzeln aus und holen so mehr Nährstoffe aus dem Boden. Dadurch haben diese Sorten mehr Geschmack, sind aber auch schwerer zu verarbeiten. Maschinen haben da manchmal Probleme und es braucht mehr Handarbeit und Wissen, damit man sich an den Teig anpassen kann."
Die Achtung, die Benjamin Ramakers seinem Brot entgegenbringt, hat er auch für sein Handwerk. Seine Gesten sind schnell, exakt und respektvoll. Die Backstube als Labor. Mit der Freiheit, ständig Neues zu erforschen und Bestehendes weiter zu entwickeln. "Am Brot fasziniert mich, dass dahinter eine ganze Reihe chemischer Prozesse stecken. Die Fermentation und wie alles miteinander reagiert, das ist einfach super spannend."
Nach rund einer Stunde im Ofen ist das Brot fertig. Um das festzustellen, klopft der Bäcker mit einem Finger auf die Unterseite des Laibs. Wenn es sich innen hohl anhört, ist es fertig. Es braucht aber noch ein paar Minuten, beschließt der Meister.
Sein Geselle stellt sich indes als echter Poet heraus. Die Stellen, an denen sich die Brote im Ofen berühren, nennt man Küsse, erklärt er - und: "Gutes Brot singt". Und tatsächlich, wer genau hinhört, kann das frischgebackene Brot knistern hören.
Wenn ein Wissenschaftler und ein Poet zusammen backen, ist das zweifelsohne ein Erfolgsrezept. Teilweise kommen die Kunden von weit her, um das Brot der beiden zu kaufen. Und auch die Tagestouristen auf Baraque Michel nehmen immer gerne eins mit.
"Hier ist ein super Ort, um Brot zu backen, weil unser Wasser aus einer Quelle kommt. Es ist also Wasser aus dem Venn. Hier kommen auch viele Leute vorbei, Pendler und Touristen. Der Standort ist privilegiert, warum sollte es also kein guter Ort für eine Bäckerei sein?", fragt Ramakers.
Seit ein paar Jahren backen er und sein Geselle in einer kleinen Backstube neben der Küche der Baraque Michel. Seit kurzem laufen die Ausbauarbeiten. Da, wo früher der Skiverleih war, entsteht eine größere Backstube mit Verkaufsraum. Ende April ist der Umzug geplant, kurz darauf soll dann auch der Verkauf aus dem Restaurant in den neuen Anbau verlegt werden. Dann wollen die beiden Bäcker noch mehr Sorten Brot und Gebäck anbieten.
Anne Kelleter