Rund 30 Teilnehmer werden in der Frühe auf dem Werthplatz erwartet, um von dort aus den Silvestermüll in den Straßen einzusammeln. Seit rund zehn Jahren gibt es die Aktion in Eupen. Die Müllsäuberungsaktion ist eine weltweite Initiative der Ahmadiyya und wird auch in mehreren belgischen Städten durchgeführt.
"Ahmadiyya" nennen sich rund zwei Millionen Muslime weltweit, die den Lehren eines Propheten folgen, der um 1880 in Indien seine Botschaft verkündete und in ihren Augen der verheißene Messias war. Die ersten von ihnen kamen vor 40 Jahren nach Belgien.
Heute leben hier rund 4.000 Ahmadiyya-Muslime. Die meisten kommen aus Pakistan, wo sie als Abtrünnige gelten und ihre Religion nicht frei ausüben können. Drei Familien in Eupen gehören zu dieser Reformbewegung des Islams. Zum Freitagsgebet versammeln sie sich im Ephata-Zentrum.
Im Mittelpunkt steht die zentrale Botschaft ihres Propheten. "Er hat gesagt, ihr sollt gute Dienste tun und humanitäre Dienste leisten. Das ist, was wir Neujahr machen werden - Neujahrsputzen", erklärt Abdal Ahmad Touquir von der Ahmadiyya-Gemeinde.
Die Stadtsäuberungsaktion am Neujahrsmorgen in Eupen sei aber nicht nur ein humanitärer Dienst. Dahinter stecke auch eine symbolische Handlung, die sich auf eine Überlieferung des Ahmadiyya-Gründers stützt. "Er sagte, dass Sauberkeit die Hälfte des Glaubens ist. Auf Silvester entsteht viel Müll. Deswegen dachten wir, es sei eine gute Idee, auf Neujahr, wenn morgens noch alle schlafen, schon früh alles sauber zu putzen."
Die Stadt Eupen unterstützt den Neujahrsputz ganz praktisch: Sie stattet die Teilnehmer mit Greifzangen und Müllsäcken aus und stellt einen Lieferwagen zur Verfügung.
"Morgen früh versammeln wir uns um 5 Uhr, dann beten und frühstücken wir. Am Werthplatz holen wir uns Müllsäcke und Stöcke. Von da aus verbreiten wir uns in ganz Eupen. Gegen 11 Uhr sind wir dann fertig", erklärt der Eupener.
Die Reaktionen auf den Neujahrsputz seien positiv – schon als der 20-Jährige noch in Eupen zur Schule ging: "Die Leute freuen sich, dass alles geputzt worden ist - und wir sind froh, wenn die Leute es bemerken." Jetzt studiert der angehende Imam in England islamische Theologie.
Unterstützung bekommen die Eupener von Ahmadiyya-Muslimen aus der ganzen Provinz, unter anderem aus Lüttich und Verviers. Aber auch immer mehr junge Menschen aus Ostbelgien machen mit. "Im Laufe der Jahre beteiligen sich immer mehr Leute. Führen nahmen nur Scouts teil, jetzt sind auch andere junge Leute dabei."
Nicht nur zu Neujahr wollen die Ahmadiyya-Muslime mit öffentlichen Aktionen auf sich aufmerksam machen. Das ganze Jahr über suchen sie Kontakt zu Andersgläubigen. Zuletzt haben sie am Weihnachtstag Blumen vor den christlichen Kirchen verteilt, um ein Zeichen der Verbundenheit über Religionsgrenzen hinweg zu setzen.
"Wir spenden Blut, gehen zu Altenheimen und schenken den Leuten dort Blumen und Schokolade. Dieses Jahr haben wir einen Baum gepflanzt an der Kirche in der Gospertstraße", sagt Abdal Ahmad Touquir. "Wir versuchen, mit Leuten freundlich zu sein - und so den Menschen zu zeigen, dass das allgemeine Bild von Muslimen oft falsch ist."
Nach der Stadtsäuberungsaktion steht als nächstes der Neujahrsempfang an: am 27. Januar im Haus Ephata in Eupen. Ab 16 Uhr lädt die Ahmadiyya-Gemeinschaft alle Interessierten dazu ein.
mb/rasch
Würden nur alle religiösen Lehren zu solch nützlichen Aktionen führen, statt zu Genitalbeschneidungen, Kinderehen, Schächten von Tieren, der Unterdrückung von Frauen, Homosexuellen und Andersgläubigen, individueller Unfreiheit, Ehrenmorden, Gewalt und Krieg.