Petra Weber stand schon zum fünften Mal als Leserin im Eupener Krankenhaus im Foyer. "Es macht Spaß. Ich lese gerne und unterhalte die Leute. Ich fühle mich wohl hier, ich arbeite hier, das ist ein bisschen wie mein Zuhause", sagt sie im BRF.
Nicht zufällig las Petra Weber Geschichten aus dem Alltag eines Pflegers. Der Autor Jörg Nießen ist selbst Rettungsassistent und Feuerwehrmann. Er hat einige der skurrilsten Erlebnisse aus seinem beruflichen Alltag in einem Buch zusammengefasst.
Auch wenn es bei manchen Einsätzen um Leben und Tod geht, spart Nießen nicht mit Sarkasmus. "Ich denke, dass es hinter den Kulissen wirklich so zugeht", gesteht Petra Weber, "denn ohne Sarkasmus kann man diesen Job nicht machen." Trotzdem sei es ihr wichtig, in den Lesungen auch eine seriöse Message zu transportieren. Das Publikum dankte ihr mit vollen Stuhlreihen und viel Applaus.
Einige der Leser präsentierten ihre eigenen Werke, wie etwa Ralf Zilles. Seine Frau Sarah schenkte ihm einst ein Notizbuch, in dem er fortan amüsante Anekdoten aus dem Alltag festhielt. Daraus ist inzwischen ein Buch geworden, aus dem die beiden im Frisörsalon einige Geschichten nachspielten.
Mit Musik untermalt war die Lesung im "Redstone" am Markplatz. Hier wurde Alessandros Bariccos Geschichte von Mr. Gwyn vorgelesen. Neben Leserin Mélanie versuchte auch Musikerin Aline Beckers, den Zuhörern die Geschichte des britischen Schriftstellers Jasper Gwyn näher zu bringen. Auf einem Klavier begleitete sie die Lesung - den Zuschauern gefiel es.
In der Apotheke Hübinger auf der Klötzerbahn wurden lustige Apothekengeschichten von Ramona Beckers vorgetragen. Ob Probleme beim Einnehmen von Zäpfchen oder der falschen Anwendung von Arzneisirup - alles Geschichten, die wohl jedem Apotheker irgendwie bekannt vorkommen.
Seine Reiseführer für das Dreiländereck stellte der Autor Dr. Josef Els vor. Von Aachen ging es über die belgische Grenze in Richtung Lüttich: Vom Aachener Dom, bis zum Bahnhof Guillemins. Am Ende waren sich Autor und Publikum einig, die Region ist so abwechslungsreich, wie sonst nur wenige.
Darüber hinaus bot "Seitenstraßen" auch wieder Lesungen von professionellen Autoren wie dem Wahlostbelgier Bernd Wucherer, der im Buchladen aus seinem neuen Krimi "Die Frittenmafia" las.
Auch bei vielen anderen Lesungen war der Publikumsandrang so groß, dass nicht alle Interessierte bei ihrer Wunschlesung Einlass bekamen. Zu voll waren die Geschäfte, die ihre Türen für die Veranstaltung geöffnet hatten.
Veranstalter Chudoscnik Sunergia ist selbst überrascht, dass "Seitenstraßen" auch im elften Jahr immer noch eine Eigendynamik hat. "Es kommen jedes Jahr neue Leser und neue Geschäfte hinzu", sagt Chantal Heck, die die Veranstaltung mit organisiert. Nach ihrer ersten Schätzung waren in diesem Jahr wieder 600 bis 800 Literaturfans in Eupen unterwegs.
Auch für die Geschäftswelt bleibt "Seitenstraßen" interessant, weil so Menschen in Läden vorbei schauen, die sie bisher noch nicht kannten.
okr/lo