Die Milchkühe auf dem landwirtschaftlichen Anwesen von Roger Croé in Raeren fressen gemütlich im Stall. Doch das idyllische Bild trügt, denn zwei seiner Milchkühe haben Beschwerden. Diese wurden nicht durch Krankheitserreger ausgelöst, sondern durch die Unachtsamkeit von Menschen, die ihre Spuren in der Natur hinterlassen. Achtlos werden leere Getränkebüchsen, Hartplastik und andere Abfälle in die Wiesen oder entlang der Wege geworfen. Und dieser Müll stellt eine tödliche Gefahr für die Tiere dar.
Roger Croé, der auch Vorsitzender des Verbandes der deutschsprachigen Landwirte ist, weiß von den fatalen Auswirkungen. "Das Problem mit dem Müll ist sehr akut. Wir stellen fest, dass jedes Jahr mehr Müll in den Wiesen liegt. Das größte Problem sind die Blechdosen. Bei der Ernte geraten sie in die Messer unserer Ladenwagen und werden zerschnitten. Die Tiere nehmen sie dann über das Futter auf", erklärt Croé. "Wenn die Blechdosen geschnitten sind, sind sie scharf und stechen den Tieren ins Herz. Wir versuchen dann durch einen Magneten, den wir durch den Mund einführen und im Netzmagen ablegen, die Blechstücke anzuziehen. Meistens haben wir Erfolg damit. Wenn es aber eine Blechdose ist, die nicht magnetisch ist, haben wir keine Chance: Hartplastik ist nicht magnetisch und Aluminium auch nicht."
Scharfe und spitze Gegenstände können die Magenwand der Kühe durchbohren und bis ins Herz gelangen. Entzündungen, Abszesse und Herz-Kreislauf-Stillstand sind die Folge. "Das passiert regelmäßig. Oft sind die Chancen auf Heilung groß, aber wenn wir nach 14 Tagen keine Besserung sehen, dann müssen wir die Kuh verkaufen. Für uns bedeutet das dann den Verlust einer Milchkuh, die noch zwei oder drei Jahre Milch hätte geben können", so Croé. Konkret bedeutet dies: Das leidende Tier muss geschlachtet werden. Für den Landwirt ist dies mit bedeutenden wirtschaftlichen Verlusten verbunden.
Auch wenn manche landwirtschaftliche Maschinen bei Vorhandensein von Metall stoppen und Landwirte oft Stunden damit verbringen, den Müll von Wegen und Wiesen zu befreien, bleibt das Problem akut. "Wir leben in Raeren nicht in einer heilen Welt. Auch in unserem Dorf sind Landwirte betroffen. Es ist schon eine Unverschämtheit, dass Leute Metalldosen oder ähnliches in den Graben oder über die Hecke hinweg ins Gras werfen. Hier kann man nur einen Aufruf starten", sagt der Raerener Bürgermeister Hans-Dieter Laschet. "Was passiert mit einer Kuh, wenn sie diese Metallteile frisst und verendet? Diese Informationen müssen weitergegeben werden, damit die Leute ihr Bewusstsein ändern und dies eben sein lassen."
Das sieht auch Roger Croé so. Er erklärt, dass in manchen Gemeinden bereits Informationskampagnen stattgefunden haben und Schilder in Wiesen aufgestellt wurden mit der Aufforderung, die Felder sauber zu halten. Doch dies hat offenbar nicht den gewünschten Erfolg gebracht. "Die Abfahrten auf den Autobahnen zum Beispiel liegen doch voll Müll", sagt Croé. "Das Problem müsste früher angepackt werden - bei der Erziehung. Ich persönlich habe noch nie Müll in die Natur geworfen."
Nicht nur Milchviehhalter oder Schafszüchter sind betroffen, auch Landwirte, die Getreide oder Gemüse anbauen. Denn auch dorthin gelangt der Müll...
Chantal Delhez