"Wir haben in verschiedenen Ortschaften Kirchen, die wirklich Schmuckstücke sind. Ich denke z.B. an die Kapelle in Alster. Die Kirchen werden aber hauptsächlich von der älteren Generation gepflegt. Und ich befürchte je länger wir warten und diese ältere Generation ausstirbt, umso mehr Ruinen werden wir nach und nach in unserer Landschaft stehen haben, wenn jetzt nicht gemeinsam nachgedacht wird", sagt Joseph Verheggen.
Verheggen treibt das Thema um. Im Gemeinderat von Burg-Reuland mahnt er immer wieder an, sich Gedanken über die Zukunft der Kirchen zu machen. Seine Fraktion, die Oppositionsliste "Klar", hatte schon zu Beginn der Legislaturperiode angeregt, sich intensiver mit dem Thema zu befassen. "Wir möchten keine Kommission, sondern eine Denkzelle gründen. Und wir sehen in dieser Denkzelle Personen aus allen Bereichen: aus Kirchenfabriken, junge Menschen, ältere Menschen, jemand aus dem Gemeinderat. In dieser Denkzelle soll überlegt und nachgedacht werden: Wie könnte die Zukunft unserer Kirche, unserer gesamten religiösen Gestaltung nochmal in Angriff genommen werden?"
19 Kapellen und Kirchen zählt die Gemeinde Burg-Reuland. Sie werden noch alle genutzt. Was soll aber mit ihnen geschehen, wenn dort keine Gottesdienste mehr stattfinden - weil die Kirchgänger ausbleiben bzw. es nicht mehr genügend Priester gibt? Joseph Verheggen hat sich Gedanken gemacht. "Anstatt einen Waldfriedhof anzulegen fernab von jedem Leben, könnte man durchaus in jeder Kirche einen Raum für die Urnenbestattung vorsehen. Und weshalb kann man nicht in einer Kirche einen Versammlungsraum einrichten, in dem Menschen überlegen, wie es weiter geht, wie wir weiter kommen mit unserer Kirche, wie wir sie weiter nutzen können und wie wir unseren Glauben weiter pflegen können?"
Riesenaufgabe
Auch in Amel macht man sich Gedanken über die Zukunft der Kirchen und Kapellen. Die Gotteshäuser gehören zum größten Teil den Kirchenfabriken, einige auch der Gemeinde. Die muss aber für alle aufkommen. Eine Riesenaufgabe, meint Bürgermeister Klaus Schumacher. "Nur für Strom, Heizung, Putzen und Küster fallen bei uns jährlich 120.000 Euro an. Vor Jahren war es noch mehr: Das waren über 150.000 Euro. Heute arbeitet das Personal in den Kirchen hauptsächlich ehrenamtlich und bekommt den ehrenamtlichen Beitrag steuerfrei. Dazu finden wir auch noch Leute, die bereit sind, diese Aufgaben zu machen."
In den vergangenen Jahren hat die Gemeinde Amel viele Kirchen renovieren lassen. Stolz ist man auf die Kapelle in Möderscheid, weil sie in Eigenregie hergerichtet wurde. Doch die meisten Renovierungen bezuschusst die Deutschsprachige Gemeinschaft, wie zum Beispiel auch die denkmalgeschützte Kapelle in Eibertingen vor einigen Jahren. Immer wieder stehen Arbeiten an. "Wir haben zum Beispiel in Medell ein neues Dach aufgelegt. Jetzt steht Herresbach an. Wir haben also regelmäßig die Dächer in Ordnung gebracht, die Türen, Fenster - alles was sein muss. Wir haben jetzt noch zwei Projekte bei der DG eingereicht: Die Fenster im unteren Teil der Kirche Amel und die Fenster in der Kirche Deidenberg müssen ersetzt werden. Man bleibt also schon dran", so Schumacher.
Mehr als 200.000 Euro hat die Erneuerung des Daches an der Kirche in Medell gekostet. Für die Gemeinde ist der Zuschuss der DG in Höhe von 60 Prozent eine große Erleichterung. Bei Außenarbeiten übernimmt die Gemeinde Amel den kompletten Rest. In anderen Gemeinden muss die Kirchenfabrik 20 Prozent selbst tragen. "Das wird sich auch bei uns mal einpendeln, denn das ist schon eine große Belastung für eine Gemeinde. Es gibt bei uns Kirchenfabriken, die kein Polster haben, andere haben aber ein finanzielles Polster. Wenn eine Investition nötig ist, sollte auch die Kirchenfabrik mitfinanzieren", findet Schumacher.
"Beten wird teuer"
13 Kirchen und Kapellen - und nur ein Priester. In einigen Kirchen gibt es nur noch ein bis zwei Messen pro Monat. Nicht erst jetzt kommen in Amel Fragen auf, ob sich der finanzielle Aufwand noch lohnt. "Ich kann mich daran erinnern, dass ein Schöffe schon vor 30 Jahren sagte: 'Beten wird teuer'. Die junge Generation hat nicht mehr dasselbe Verhältnis zu Kirchen wie die ältere. Werden sie das weiter mit tragen? Das ist die große Frage, die wir uns alle stellen", sagt Schumacher.
Vielleicht könnte man die Kapelle in Mirfeld als Dorfhaus nutzen - solche und ähnliche Ideen kursieren schon mal in der Gemeinde, wenn es darum geht, Räumlichkeiten zu finden. "In Schoppen zum Beispiel wird das Lokal in zwei Jahren schließen. Dann hat der Musikverein beispielsweise kein Probelokal mehr. Es gab schon den Gedanken, ob nicht die Möglichkeit bestehen würde, in der Kirche zu proben. Aber wie könnte man das bewerkstelligen? Bei einer Probe wird auch mal ein Glas getrunken - und Alkohol in einer Kirche könnte ich mir nicht vorstellen. Da müssen Lösungen gefunden werden", sagt Schumacher.
Das Thema Umnutzung von Kirchen ist aber offenbar noch ein Tabu, das kaum jemand anzusprechen wagt, gibt auch der Ameler Bürgermeister Klaus Schumacher zu. "Bei uns in der Eifel ist es eigentlich noch zu früh. Aber ich denke, es kommt noch vieles auf uns zu: Wir müssen alle gemeinsam - mit dem Klerus, mit dem Priester - überlegen, in welche Richtung wir gehen und wie wir das gemeinsam zu einem bestmöglichen Konsens ausarbeiten."
Nicht nur in der Eifel, auch im Eupener Land stellt sich die Frage nach der Zukunft der Kirchen. Hier sieht die Situation allerdings anders aus, was die Zahl der Gotteshäuser betrifft, wie Dechant Helmut Schmitz im BRF-Interview erklärt.
Michaela Brück
Für mich sind Kirchen nichts anderes als Räume der Zusammenkunft. Die allerwenigsten gehen noch in die Kirche nur um den Glauben zu pflegen. Zum Begräbnis, zur Taufe, zur Hochzeit geht man doch nur noch dahin, weil man eingeladen ist oder teilnehmen möchte. Da die Gemeinden einen großen Teil der Gebäude finanzieren (das alleine ist ja schon unerhört : alle, die nicht der Kirche angehören, zahlen trotzdem mit!), sollten die Gebäude auch für alle möglichen Zwecke nutzbar sein, zB. Versammlungen, Proben aller Art, Feste, Konzerte... meinetwegen auch gegen einen gewissen Mietpreis. Und warum nicht auch ein Glas trinken in einer Kirche? Wird nicht immer davon gesprochen und gepredigt, dass das Miteinander so wichtig ist? Natürlich müssten dann die Kirchen, wenn sie schon für unverschämt viel Geld renoviert werden, auch technisch und von der Inneneinrichtung her entsprechend ausgestattet werden.
@ Oliver Keller
„das alleine ist ja schon unerhört: alle, die nicht der Kirche angehören, zahlen trotzdem mit!“
Alle die nicht Schwimmen bezahlen das Schwimmbad mit.
Alle die sich nicht für Sport Interessieren bezahlen die Sporthallen und Fußballplätze mit.
Alle die sich nicht für Formel 1 Interessieren bezahlen mit.
Alle die sich nicht für Musik interessieren bezahlen die Instrumente der Vereinsmitglieder mit, usw.
Sehr richtig, Herr Veithen, wir bezahlen für viele Sachen, die wir persönlich nicht in Anspruch nehmen. Herr Keller, Sie scheinen noch sehr jung zu sein und wenig Ahnung von solchen Themen zu haben. Lassen Sie bitte die Kirche im Dorf!
Der Staat sollte im Prinzip die Initiativen unterstützen, die einen gesellschaftlichen Nutzen ergeben.
Zu entscheiden, welche dies im einzelnen sind, ist Aufgabe der Politik.
Bestes Beispiel, dass man nicht mit allem einverstanden sein muss, ist der milliardenschwere Formel-1-Zirkus, dessen indirekte staatliche Subventionierung durch Unterhalt einer Rennstrecke immer wieder kontrovers diskutiert wird.
Auch was die Finanzierung der religiösen Kulte betrifft, ist die Kritik nicht so einfach wegzuwischen.
Wenn man bedenkt, dass die Zahl der praktizierenden Katholiken in Belgien auf 200.000 geschrumpft ist, ist zumindest die Frage nach den wenig zeitgemäßen Kriterien der Finanzierung nicht nur erlaubt, sondern dringend notwendig.
Spätestens wenn die "aufstrebende" muslimische Gemeinschaft, die bereits heute doppelt soviele praktizierende Gläubige umfasst, einen größeren Teil des Kuchens beansprucht, wird die Diskussion hierüber Fahrt aufnehmen. Dann jedoch sollte sich auch die Politik mit der u.a. von Prof. Dr. Manfred Peters aufgeworfenen Frage beschäftigen, ob die Religionen Nährboden von Gewalt oder Quelle des Friedens sind.
In Bezug auf die Frage, ob Religionen und insbesondere die "katholische eine Kraft des Guten in der Welt" ist, empfehle ich die hervorragende Diskussionsrunde der BBC "Intelligence Squared", in der 2009 genau diese Frage erörtet wurde.
In einschlägigen Videoportalen in English verfügbar, aber mit entsprechenden Untertiteln auch für Deutschsprachige verständlich.
Angesichts der schon vor fast 10 Jahren in dieser Sendung genannten Pädophilieskandale und der rückwärtsgewandten Macho-Einstellung zu Homosexualität, Rechte der Frauen usw. scheint es mir, als verharre "unsere Kirche" konsequent im Status Quo, denn mit ebendiesen Themen schlägt sich die Vereinshierarchie immer noch herum.
Ja, unsere katholische Kirche und unserer christlicher Glaube ist eine gute Religion.
Der Denkanstoss von Herrn Keller kann man doch aufnehmen. Warum sollen unsere Gotteshäuser nicht auch zu Treffpunkten von “nicht religiösen Veranstaltungen werden?
@Oliver Keller : Bist du verrückt ? Ein Glas trinken in einer Kirche ? Dafür gibt es Kneipen, nicht ??