In 30 Jahren wird sich die Zahl der über 80-jährigen Menschen verfünffachen - auch in Ostbelgien. Der Seniorenbereich sei deshalb eine große Herausforderung für die Zukunft, so Paul Bongartz. Er begleitet bei der Dienststelle für Selbstbestimmtes Leben das Projekt "Seniorenfreundliche Gemeinden" für Ostbelgien.
Insgesamt 31 Gemeinden aus der Euregio Maas-Rhein machen dabei mit. Sie tauschen ihre Erfahrungen aus und empfehlen sich gegenseitig Maßnahmen, wie das Umfeld seniorengerecht gestaltet werden kann, "zum Beispiel zur Verbesserung der Situation von Menschen mit Demenz oder Altersdepression und - nicht zu vergessen - ihrer Angehörigen, die sie betreuen", erklärt Paul Bongartz. "Weitere Beispiele sind eine Weiterbildung für Gemeindeangestellte, Polizei oder Ehrenamtliche, die alleinstehende Senioren einmal die Woche anrufen, oder ein Theaterprojekt, bei dem anschließend eine Diskussion stattfindet."
Das Theaterstück wurde bereits in Amel und Kelmis aufgeführt. Die Resonanz war sehr positiv, vor allem von pflegenden Angehörigen, berichtet Paul Bongartz. "Sie finden sich darin wieder. Es gibt Angehörige, die an ihre Grenzen stoßen. Sie vermissen Fachkräfte, die zu ihnen nach Hause kommen, denn die Betroffenen mit Demenz oder Altersdepression machen sich nicht auf den Weg und suchen Hilfe."
In der Euregio Maas-Rhein leiden etwa acht Prozent der über 65-Jährigen an Demenz. Von allen Menschen über 50 Jahren leiden etwa 25 Prozent an depressiven Symptomen. Hier setzt das grenzüberschreitende Projekt seinen Schwerpunkt und stößt damit auf Resonanz. So hat in Amel ein Fachvortrag zum Thema Altersdepression großes Interesse geweckt und zu einer angeregten Diskussion geführt, erklärt Paul Bongartz.
Das Projekt umfasst insgesamt 15 Maßnahmen, mit denen Partnergemeinden gute Erfahrungen gemacht haben, darunter auch der Aufbau einer ehrenamtlichen Hilfe. "In der Umgebung der betroffenen Familie sollen Menschen ganz einfach mal was unternehmen, jemanden wohin mitnehmen oder spazieren gehen. Das kann schon eine große Entlastung sein. Ziel des Ganzen ist eigentlich, auf die besonderen Belange der Menschen mit Demenz und Altersdepression hinzuweisen und auch auf die besonderen Belange der Angehörigen. Sie leisten jeden Tag wertvolle, wichtige Hilfestellung und brauchen dafür Begleitung und Unterstützung", so Bongartz.
Dass die Weltgesundheitsorganisation nun die "Seniorenfreundlichen Gemeinden" als "Vorzeigemodell" ausgewählt hat, bestärkt die Initiative. Normalerweise berücksichtige die WHO nur Projekte auf Länderebene, so Bongartz. "Dass die WHO dieses Projekt in den Ländern bekannt macht, die der WHO angeschlossen sind, ist schon eine besondere Auszeichnung. Diese Länder können sich inspirieren lassen von diesem Projekt, und ich denke, die hiesigen Gemeinden, die sich daran beteiligen, können stolz sein, dabei zu sein."
Michaela Brück