Um 7:00 Uhr stand Oliver Paasch am Montag im Melkstand - möglichst realistisch sollte der Ministerpräsident den Alltag in einem Milchviehbetrieb kennenlernen. Die Junglandwirte vom Grünen Kreis hatten für ihn ein Tagesprogramm mit praktischer Arbeit in drei Eifeler Betrieben zusammengestellt - alle drei Biohöfe.
Auf dem Hof von Elena Theissen in Manderfeld ging es los: "Man sah, dass er sehr interessiert war. Er hat mit gemolken. Ich glaube, er war ganz überrascht, wie das mittlerweile so läuft. Wir sind mit dem Radlader gefahren, da hat er sich auch ganz gut angestellt. Er braucht natürlich noch ein bisschen Übung. Aber es war ganz positiv, und wir haben auch schon über Dinge geredet, wo wir gedacht haben, das kann man auch in Zukunft nutzen, was Ostbelgien-Marketing angeht.
So wie Oliver Paasch kennen viele Politiker die Landwirtschaft nur aus Kindertagen. Doch es hat sich viel verändert. Das will der Grüne Kreis zeigen. Bereits zum zweiten Mal hat die Vereinigung der Junglandwirte einen Politiker eingeladen - im vergangenen Jahr war es der Europaabgeordnete Pascal Arimont.
Die Junglandwirte möchten, dass die Politiker sie und ihre Arbeit besser kennenlernen. Dany Kohnenmergen arbeitet auf dem Biohof seines Onkels in Weywertz: "Ich finde es super, dass auch mal Leute, die nichts mit Landwirtschaft zu tun haben, reinschauen. Man sieht Leute immer auf dem Traktor fahren und auf der Wiese arbeiten. Aber was steckt dahinter? Stallarbeit, oder mit welchen Situationen müssen sie sich rumschlagen, Papierkram. Ist ja alles nicht so einfach."
Beruf mit Überzeugung gewählt
Sie alle haben ihren Beruf mit Überzeugung gewählt und lieben die Arbeit in der Landwirtschaft. Das wollen die Junglandwirte rüberbringen, aber auch die Probleme benennen, erklärt Elena Theissen: "Vor allem, dass es immer weniger Landwirte gibt und immer weniger Junglandwirte, die den Betrieb übernehmen. Vorher hatte man immer Angst, dass es zu wenig Fläche gibt. Mittlerweile ist eher das Problem: die Arbeitskräfte. Die nächsten zehn Jahre wird immer mehr Fläche frei, aber die Landwirte fehlen. Wie wird das in Zukunft aussehen? Was kann man machen, Landwirte mit Politik zusammen?"
David Meyer wird wohl den Betrieb seines Vaters in Herresbach übernehmen. 2016 haben sie den Hof mit 60 Milchkühen auf Bio umgestellt - wie einige andere Betriebe es auch getan haben. Auch das war ein Thema beim Austausch mit dem Ministerpräsidenten: "Wir sind sehr zufrieden. Der Druck ist weg. Der Milchpreis war schlecht. Jetzt mit unserem relativ kleinen Betrieb haben wir eine größere Chance, Geld zu verdienen. Das biologische Wirtschaften gefällt uns auch sehr gut. Die Entwicklung unseres Betriebs hat sich auch gehalten. Es gibt weniger Krankheiten. Es funktioniert.'
Die Aktion "Landwirt für einen Tag" ist Teil einer Kampagne, mit der der Grüne Kreis für ein besseres Image der Landwirtschaft und mehr Wertschätzung durch die Verbraucher wirbt. Bei der Öffentlichkeitsarbeit wünschen sich die jungen Landwirte auch Unterstützung durch die ostbelgischen Politiker. Ministerpräsident Oliver Paasch hat zugesagt, die Landwirtschaft künftig besser in die Standort-Marke Ostbelgien zu integrieren: "Die Landwirte haben unisono dafür geworben, diesen Beruf in ein positives Licht zu rücken, Vorurteile aus dem Weg zu schaffen. Ich glaube, dass wir ein großes Interesse haben, gerade in Ostbelgien, dafür zu sorgen. Denn die Landwirtschaft ist für uns von existentieller Bedeutung sowohl was die Landschaftspflege angeht als auch in Bezug auf die regionale Wirtschaft und die gesamte Lebensqualität."
Um noch mehr Menschen davon zu überzeugen, wollen die Junglandwirte ihr Projekt "Landwirt für einen Tag" fortführen. Im nächsten Jahr soll wieder ein Politiker zur Arbeit auf dem Hof eingeladen werden.
Michaela Brück