Parlamentspräsident Ferdel Schröder und Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz empfingen Anfang der Woche die Botschafterin Andorras in Belgien, Frau Imma Tor Faus.
Bei dem Gespräch, das neben der aktuellen politischen
Entwicklung in Belgien vor allen Dingen den politischen Aufbau des Fürstentums Andorra zum Thema hatte, konnten einige Parallelen aber auch unterschiedliche Herangehensweisen erörtert werden.
Größe, Grenzlage und politische Strukturen: Zahlreiche Parallelen
So zählt Andorra mit 85.000 Einwohnern ähnlich viele Bürger wie die DG und ist auf lokaler Ebene in sieben Gemeinden aufgeteilt. Der Generalrat, das Parlament Andorras, zählt 28 Mitglieder. 14 der 28 Räte werden auf lokaler Ebene gewählt (zwei Räte für jede Gemeinde) während die anderen 14 auf nationaler Ebene gewählt werden.
Auch die unmittelbare Grenzlage an einer Sprachgrenze und die gemeinsame Gestaltung der Politik durch verschiedene Körperschaften auf ein und demselben Grundgebiet gehört zu den Gemeinsamkeiten mit der DG - diese Aufgabenteilung geschieht jedoch auf eine völlig andere Weise als in Belgien. Während Andorra ein unabhängiger Staat ist, übernehmen der spanische Bischof von La Seu d’Urgell und der französische Staatspräsident gemeinsam die Funktion des Staatsoberhauptes.
Andorra verfügt über drei unterschiedliche Bildungssysteme
Auch beim Bildungssystem spielen die beiden Nachbarn Andorras - im Gegensatz zur Situation in der DG - eine sehr wichtige Rolle. In Andorra existieren nämlich drei verschiedene Unterrichtssysteme, die jeweils von Frankreich, Spanien und Andorra unabhängig organisiert und finanziert werden. Dabei kümmert sich der Zwergstaat lediglich um das Schulwesen in katalanischer Sprache, welche die Amtssprache in Andorra ist. Spanisch und Französisch werden hier als Zweitsprache systematisch und intensiv gelehrt.
Dementsprechend groß war das Interesse der Botschafterin für die Förderung der
Sprachkenntnisse bei einer Präsentation des Bildungssystems in der DG.
Auch die grenzüberschreitende und europäische Zusammenarbeit lieferte viel Gesprächsstoff für den Dialog am Sitz des Ministerpräsidenten. Andorra, das lange Zeit als sehr verschlossen galt, ist dabei grundlegende Reformen anzugehen und sich der Staatengemeinschaft zu öffnen. Erst seit 1993 hat Andorra seine Außenpolitik verstärkt und arbeitet zurzeit an einer partnerschaftlichen Kooperation mit der EU.
Austausch mit Mehrwert
Frau Torr dankte Parlament und Regierung für den Empfang und versprach, weitere Informationen über ihr Land zu übermitteln. Ministerpräsident Lambertz, der sich Anfang September in Andorra aufhalten wird, wertete die Gespräche als äußerst positiv und aufschlussreich für die Vorbereitung der geplanten Arbeitsgespräche mit Regierungs- und Parlamentsvertretern in dem Pyrenäen-Zwergstaat.
Andorra wurde am 8. September 1278 gegründet und ist heute flächenmäßig der größte unter den sechs europäischen Zwergstaaten. Das Land lebt größtenteils vom Tourismus, auch das Bankwesen ist gut entwickelt.