Der ganze Krönungssaal im Aachener Rathaus ist erfüllt von Spannung und Vorfreude. Denn jetzt ist der Moment der Entscheidung endlich gekommen. Kurz vor der Karlspreisverleihung wird wie jedes Jahr auch der Jugendkarlspreis verliehen. Dazu werden in ganz Europa von Jugendlichen zwischen 16 und 30 Jahren Projekte eingereicht. Die sollten die Verständigung in Europa und eine gemeinsame europäische Identität fördern. Ziel ist es, ein Beispiel für ein gelebtes Europa zu geben.
Die Wahl der Gewinner war nicht leicht, verrät Aachens Oberbürgermeister Marcel Philipp. "Es ist immer schwierig, drei Preisträger herauszufiltern. Sie stehen aber beispielhaft für alle, denn letztlich sind alle hier nationale Gewinner. Sie haben die erste Runde schonmal durchlaufen und sind in ihrem Land vorne gewesen", sagt Philipp. "Es geht in erster Linie auch nicht darum eine Reihenfolge zu kreieren, sondern Europa aus dem Blickwinkel der Jugend zu zeigen und feiern."
Die Gewinner des ersten Platzes und 7.500 Euro Preisgeld kommen dieses Jahr aus Polen. "Worcation" heißt ihr Projekt, eine Mischung aus "work", also Arbeit, und "vacation", was Urlaub bedeutet. Über zehn Tage können Jugendliche hierbei in Görlitz in der Geschichte des Ortes wühlen - und das im wahrsten Sinne des Wortes. Wie Archäologen bringen sie Geschichte ans Licht, die Zeit des Zweiten Weltkriegs in einem Kriegsgefangenenlager wird greifbar.
Zweiter Platz für "Juvenilia"
Wer nicht in der Erde graben möchte, kann die Vergangenheit des halb polnischen, halb deutschen Ortes auch mit Metallkunst zum Leben erwecken. "Ziel ist es, den europäischen Zusammenhalt zu stärken, aus der gemeinsamen Geschichte zu lernen, Vorurteile abzubauen und auch gemeinsam Spaß zu haben", sagt Artur Meier, Repräsentant des polnischen Projekts.
Auf dem zweiten Platz ist Italien mit "Juvenilia - Freundschaft durch Musik" gelandet. Die Vereinigung junger Opernfreunde lädt mehrmals im Jahr zu einem kulturellen Austausch ein. Hierbei treffen sich junge Menschen aus ganz Europa immer in einer anderen Stadt und kommen in den Genuss von Oper, klassischer Musik oder Ballett.
Dritter Platz für Farah Abdi
Auf dem dritten Platz ist Farah Abdi aus Malta. In ihrem Buch "Never Arrive 2" schildert sie ihre eigene Geschichte als Flüchtling in Europa. Die junge Somali sieht sich selbst als Beispiel dafür, wie Integration in Europa trotz Schwierigkeiten funktionieren kann. Der Jugendkarlspreis ist übrigens nicht nur eine Ehrung, sondern geht darüber hinaus.
"Die Gewinner der vergangenen Jahre sind auch heute noch vielfach verbunden und werden hinterher auch vom Europäischen Parlament eingebunden", sagt Marcel Philipp. "Wir können erkennen, dass das die jungen Leute prägt und sie ermutigt werden, für Europa und europäische Politik dauerhaft einzutreten."
Der Jugendkarlspreis wurde schon verliehen, doch damit ist es noch nicht vorbei. Die glücklichen Gewinner und alle anderen Teilnehmer sind noch ein Weilchen in Aachen, nicht zuletzt um bei der Karlspreisverleihung an den französischen Präsidenten Emmanuel Macron dabei zu sein. Aber auch um sich gegenseitig kennenzulernen und auszutauschen, über das Leben in und mit Europa.
ik/mg