Andy Gerretz hat seinen Stall auf Hochglanz gebracht, denn der wallonische Landwirtschaftsminster ist am Freitag zu Besuch auf seinem Hof in Andler. Seit 2012 führt der gebürtige Elsenborner den Milchviehbetrieb zusammen mit seinem Onkel.
Die Betriebsbesichtigung war lange geplant. Jetzt hat die Aktualität ein anderes Thema in den Vordergrund gerückt: den Fleischskandal um den Schlachthof Veviba in Bastogne. Der 28-Jährige bedauert, "dass wir Landwirte wieder die Leidtragenden sind. Wir werden wieder weniger für Reformtiere bekommen und können dafür gar nichts. Die ersten, die bestraft werden, haben nichts damit zu tun", so Gerretz.
Das bekräftigt auch Minister Collin bei seinem Besuch in Andler. Dort sichert er den Landwirten die Unterstützung der Wallonischen Region zu. Vor allem Jungbauern wolle man fördern und ihr Engagement für ein besseres Image ihres Berufsstandes unterstützen. "Man sieht es jetzt mit dem Veviba-Skandal. Die Landwirtschaft ist Opfer der Krise, sie wird unter Preisverfall und Imageverlust leiden, auch wenn sie nicht dafür verantwortlich ist. Wir wollen das Image der Landwirtschaft verbessern, damit die Verbraucher die Realität der Landwirte kennen, mehr Achtung davor haben und bereit sind, faire Preise zu zahlen", so Collin.
Noch hat der Markt nicht auf den Veviba-Skandal reagiert. Die Folgen seien schwer abzuschätzen, so Vertreter des Bauernbundes. Zusammen mit anderen Verbänden in der Agrofront haben sie ein Paket von Maßnahmen vorgeschlagen. "Man möchte zu der Koordination von gewissen Kontrollen kommen. In der ganzen Fleischkette vom Erzeuger bis hin zum Verbraucher möchte man die Kontrollen schlüssiger machen. Und man hätte auch gerne eine zentrale Stelle, die alle Kontrollen koordiniert", sagt Marc Schröder vom Bauernbund.
Eigentlich sollten am Freitag andere Anliegen im Vordergrund stehen. So zum Beispiel die Wettbewerbsfähigkeit, die durch unterschiedliche Regelungen in den Ländern erschwert werde. In der Grenzregion werden einige Probleme besonders deutlich. "Der Betrieb ist keine 100 Meter von der deutschen Grenze entfernt. 100 Meter weiter darf Gülle bis zum 1. bzw. 15. November ausgebracht werden. Das sind sechs Wochen mehr Zeit, die unsere Kollegen auf der deutschen Seite haben, um die Gülle auszubringen. Sie sind nicht so blockiert wie wir", sagt Andy Gerretz. "Andler liegt in Natura-2000-Gebiet. Wir sind also eingeschränkt. Die Kollegen aus Deutschland können Mais bis ans Bachufer säen und wir dürfen an manchen Stellen nicht mal die Tiere bis ans Ufer weiden lassen."
Auch junge Biobetriebe in Ostbelgien richten über den Bauernbund ihre Forderungen an die Politik. "Wir haben sehr viele Betriebe, die umgestellt haben. Es wäre fatal, wenn gewisse Beihilfen wieder abgebaut oder gestrichen würden. Wir haben das in der Vergangenheit schon einige Male erlebt: Es wurden gewisse Dinge mit Prämien angestoßen, die Leute wurden motiviert und nach einer gewissen Zeit hieß es dann, dass das Standard sei. Das kommt bei den Landwirten natürlich nicht immer gut an und sie fühlen sich überrumpelt", erklärt Marc Schröder.
Die Betriebsbesichtigung in Andler sollte dem Minister einen Einblick in die besondere Lage der ostbelgischen Landwirtschaft geben. Andy Gerretz hofft, dass die Argumente angekommen sind und den Worten des Ministers auch Taten folgen werden.
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