Der Reitsport ist um eine unglaubliche Geschichte reicher. Der kanadische Springreiter Eric Lamaze hat den Großen Preis von Aachen am Sonntag trotz eines gebrochenen Fußes gewonnen. Der Olympiasieger war erst am Montag zur Untersuchung in ein Krankenhaus gefahren. Anschließend schickte der Sieger eine SMS mit der Diagnose an CHIO-Sportdirektor Frank Kemperman. Der ungewöhnliche Sieg passt zu Lamazes Karriere, die von extremen Aufs und Abs geprägt ist.
«In der SMS stand: bad news - broken», berichtete Kemperman. Direkt nach dem Sieg wollte Lamaze nicht zum Arzt. «Ich habe ihn noch drei Mal gefragt, aber hat immer nein gesagt.» Der Kanadier fuhr entgegen seiner eigenen Ankündigung nach der Pressekonferenz erst am Folgetag in Belgien zum Arzt. «Wenn man den Großen Preis von Aachen gewinnen will, dann fühlt man vielleicht nicht so viel, weil man so konzentriert ist», sagte Kemperman.
Nach dem Erfolg am Sonntagabend hatte der 42-Jährige stark gehumpelt und von einem Unfall am Sonntag berichtet: «Es war bei einer Wendung. Ich habe einen Knacks gehört.» Trotz der Schwellung und der Schmerzen ritt der Olympiasieger von Hongkong seinen Hengst Hickstead zum umjubelten Sieg vor rund 45.000 Zuschauern. Er absolvierte insgesamt drei Runden ohne Abwurf und war im Stechen der Schnellste. Er hängte die ebenfalls fehlerfreien Schweizer Pius Schwizer mit Carlina und Sergio Alvarez Moya aus Spanien mit Action-Breaker ab.
«Ein Sieg im Großen Preis von Aachen, das ist der Traum jedes Reiters», schwärmte der Kanadier nach Platz eins beim größten Reitturnier der Welt. «Das steht auf meiner Liste gleich nach dem Olympiasieg», sagte Lamaze, der auch die Schattenseiten des Lebens kennt.
Der Kanadier stammt aus ärmlichen Verhältnissen und kämpfte sich in der Pferdesport-Welt nach oben. Aber er hätte seine Karriere fast zerstört. Er wurde mit Kokain erwischt und Ephedrin, gleich zweimal lebenslang gesperrt und darf nur dank geschickter Anwälte wieder reiten. «Es war kein perfekter Weg», sagte Lamaze, der vor zwei Jahren Olympia-Gold in Hongkong und nun als erster Kanadier den Höhepunkt des CHIO gewann.
Es passt zu Lamaze, dass er in Aachen trotz einer Verletzung triumphierte. Der gebrochene Fuß hielt ihn nicht davon ab, seinen Hengst Hickstead im Stechen als Schnellsten über die Hindernisse springen zu lassen. «Ich war hier schon mal vor Jahren und habe immer gesagt, hier möchte ich mal gewinnen», sagte Lamaze. Davon ließ er sich auch durch die Schmerzen nicht abhalten. Auch plant er längst sein Comeback: «Ich bekomme da jetzt ein paar Schrauben rein und werde in ein paar Wochen wieder starten», sagte er laut Kemperman am Telefon.
Michael Rossmann (dpa) - Bild: epa