Schon von weitem hört man das berühmte Glockenspiel, das immer zur vollen Stunde die Marseillaise spielt. Das hat etwas mit der spannenden Geschichte des Duft- und Heilwassers Eau de Cologne zu tun. Es waren nämlich die Franzosen, die während der 20-jährigen Besatzung, von 1794 bis 1814, die Häuser der Domstadt durchnummerierten und dem Haus in der Glockengasse, wo Firmengründer Wilhelm Mülhens sein Kölnisch Wasser herstellte, die Nummer 4711 gaben.
"Normalerweise stehen hier jede Stunde Trauben von Menschen. Wenn französische Schulklassen hier sind, singen die auch ihre Marseillaise mit. Wir spielen die Marseillaise nämlich, weil uns die Franzosen die Hausnummer beschert haben - also vielen Dank an die Franzosen für die Nummer. Und die Franzosen kennen diese komplette Geschichte auch", erklärt Monika Hadrys. Sie leitet das historische Gebäude in der Kölner Glockengasse seit vielen Jahren.
In dem berühmten Haus in der Kölner Innenstadt herrscht immer reger Kundenbetrieb. "Wir sagen immer: Wir sind die zweite Adresse hinter dem Dom. Jeder Tourist, der nach Köln kommt, muss hier gewesen sein und etwas mitgenommen haben", so Hadrys. Kölner kaufen hier Geschenke, Touristen Andenken an die Domstadt, denn was gäbe es Typischeres als Echt-Kölnisch-Wasser als Präsent und Mitbringsel. Und der Shop bietet die gesamte Bandbreite der Produktpalette und nicht nur in flüssiger Form als Parfum in allen Flaschen-Größen. Auch T-Shirts oder Schals in den markanten Blau-Gold-Farben und mit dem berühmten 4711-Logo kann man hier kaufen. Aber nicht nur das: Man erhält auch einen Einblick in die Geschichte des Hauses Mülhens und in die Entstehung von Echt-Kölnisch-Wasser.
An der Treppenwand auf dem Weg zur Empore des Hauses geht es vorbei einem wunderschönen Wandteppich der die berühmte Szene zeigt, wie ein französischer Soldat zu Pferd die berühmte Nummer am Haus in der Glockengasse schreibt. Auf der Empore dann historische Ausstellungsstücke.
"Das ist das Hochzeitbild von Wilhelm Mülhens am 8. Oktober 1792. Das ist auch der Tag, den wir als unsere Geburtsstunde ansehen und den wir jedes Jahr mit einem Tag der offenen Türe feiern. Ein Karteuser-Mönch hat Wilhelm Mülhens da die Rezeptur eines Aqua Mirabilis übergeben, einer Medizin, die zum damaligen Zeitraum getrunken wurde. Und das ist im Grunde die Rezeptur des heutigen Kölnisch Wasser - natürlich mit ein paar minimalen Änderungen", erklärt Monika Hadrys.
"Daneben hängt ein Wasserzettel. Heute würde man Beipackzettel sagen. Darauf wurde beschrieben, wie man das benutzen sollte: 40 Tropfen für Kinder in Wasser und für Erwachsene 60 Tropfen in weißem Wein. Wenn man weiß, dass über 85 Prozent Alkohol drin ist - das hat gewirkt!" Man sieht auch alte Glasfläschchen, in denen im 19. Jahrhundert das Echt-Kölnisch-Wasser abgefüllt wurde, ein altes Adressbuch mit dem Eintrag des Firmengründers und jede Menge historische Kästchen mit Eau de Cologne-Flaschen.
Neben den Vitrinen auf der Empore, die jeder Besucher besichtigen kann, gibt es aber auch ausführliche Führungen durch die Geschichte von 4711. "Wir haben immer samstags um 13 Uhr eine öffentliche Führung. Da können sich einzelne Personen und kleine Gruppen anmelden. Die dauert circa 75 Minuten. Wir fangen an mit dem Glockenspiel, gehen hier durchs Haus, am Brunnen und am Gobelin vorbei, natürlich die komplette Empore entlang und dann ins Museum, wo die gesamte Geschichte der Mülhens-Parfumeure aufgerollt wird. Wir haben alle alten Serien, die über diese 225 Jahre neben dem Kölnisch Wasser erfunden und entwickelt worden sind."
Die Treppe hoch geht es in einen großen Raum. Auch der ist Teil des Museums. Aber auf den Tischen sieht man auch jede Menge kleine Fläschchen. Hier ist schon alles für ein Duftseminar vorbereitet, für das man sich anmelden muss. Kleine Gruppen oder ganze Schulklassen üben sich hier in der Parfumherstellung. "Das kommt super an und es kommen super Düfte dabei heraus. Es macht großen Spaß, sagt Hadrys.
Der neue Eigentümer der Duftmarke 4711 und des historischen Gebäudes in der Glockengasse, das Stolberger Familienunternehmen Mäurer und Wirtz, ist stolz auf das Flaggschiff in der Kölner Innenstadt, das sich zur Weihnachtszeit immer ganz besonders herausputzt. "Deswegen haben wir auch wieder den größten Adventskranz Kölns. Wenn die Touristen von den Weihnachtsmärkten kommen, dann toppen wir das Ganze damit noch. Und das ist auch der Sinn der Sache. Unsere Weihnachtsdeko muss immer noch etwas mehr sein, als das, was man auf den Weihnachtsmärkten findet."
Alfried Schmitz