«Frauen machen anders Politik - nicht besser oder schlechter», so hat Hannelore Kraft einmal ihr Selbstverständnis umschrieben. Mit dieser anderen Art der Politik schickt sich die 49 Jahre alte Sozialdemokratin nun an, erste Ministerpräsidentin in Nordrhein-Westfalen zu werden.
Zumindest Krafts Weg nach oben war anders als bei vielen Männern in der Politik. Die Mülheimerin schloss sich nicht irgendwelchen Seilschaften an und musste auch nicht die Ochsentour durch Ortsvereine und Arbeitskreise machen. «Mit Hinterzimmer-Politik hatte ich nie viel am Hut», bekennt sie nicht ohne Stolz.
Dennoch machte Kraft schnell Karriere. Wenn in der nordrhein-westfälischen SPD in den vergangenen Jahren wichtige Posten zu besetzen waren, gab es keine Alternative zu ihr.
Als die Sozialdemokraten 1994 bei der Kommunalwahl in Krafts Heimatstadt Mülheim eine Niederlage erlitten, entschloss sie sich, der Partei beizutreten. Nach nur wenigen Monaten in der SPD rückte sie in den Unterbezirksvorstand auf. Den Sprung in den Landtag schaffte sie 2000. Ein Jahr später war Kraft bereits Europaministerin. Später übernahm sie das Wissenschaftsressort.
Richtig los ging es mit ihrer Karriere aber erst nach dem Machtverlust der Sozialdemokraten bei der Landtagswahl 2005. Die verstörten Genossen machten die Diplom-Ökonomin erst zur Fraktions-, dann zur Landesvorsitzenden - als erste Frau in beiden Ämtern. Nach einer weiteren schweren SPD-Niederlage bei der Bundestagswahl 2009 ging Krafts Aufstieg weiter - sie wurde stellvertretende Bundesvorsitzende. Der Einzug in die Staatskanzlei soll die Krönung dieses Weges sein.
Wenn Kraft am Rednerpult des Landtags lauter wird, ist deutlich zu hören, dass sie aus dem Ruhrgebiet kommt. Sie stammt aus einfachen Verhältnissen - der Vater war Straßenbahnfahrer, die Mutter Verkäuferin. Bevor sie in die Politik ging, arbeitete sie als Unternehmensberaterin. Mit Ehemann Udo und Sohn Jan wohnt Kraft in Mülheim an der Ruhr.
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