Spätestens wenn die Kinder aus dem Haus sind und das Rentenalter naht, stellt sich die Frage, wie und wo man im Alter wohnen möchte. Zuhause bleiben oder ins Pflegeheim gehen, waren die herkömmlichen Optionen. Eine neue Chance bietet das gemeinschaftliche Wohnen.
Der Verein "Alternatives Wohnen" aus Erfstadt hat in Eupen seine Erfahrungen geteilt: "Wir haben den Vereinszweck so definiert, dass wir moderne, alternative Wohnformen für ältere Menschen entwickeln. Es dauerte etwa fünf Jahre bis wir ein Grundstück gefunden haben, bei dem wir gesagt haben: Hier machen wir das. Das erste Wohnprojekt ist jetzt seit fast fünf Jahren fertig. Es gibt 14 Wohnungen, einen Gemeinschaftsraum, einen Gemeinschaftsgarten,... Die Bewohner treffen sich, unterhalten sich, leben zusammen und helfen sich gegenseitig. Wir können heute sagen, dass das ein Meilenstein war", so Horst Teschke vom Vorstand des Vereins.
Ursprünglicher Ideengeber war Ulrich Binder, der als Architekt mehre Altenheime entworfen hatte, für sich und seine Frau aber ein Wohnkonzept entwickeln wollte, das zwei Grundbedürfnisse vieler Senioren vereint. "Das ist einmal der Erhalt der Autonomie, also selbstständig und selbstbestimmt bleiben, und das andere ist das Nicht-Allein-Sein, d.h. ein Leben in Verbundenheit zu führen. Und das kann man in so einer Wohnform wunderbar zusammen führen."
Seit fünf Jahren lebt er nun gemeinsam mit seiner Frau Christel Binder und 20 weiteren Mitbewohnern in der ersten Wohngemeinschaft in Erfstadt. Die beiden 75-Jährigen und auch die anderen Teilnehmer bereuen diese Entscheidung nicht, wie Frau Binder berichtet. "Wir sind 22 Personen in 14 Wohnungen - und jeder, der bei uns im Haus wohnt, sagt, dass es ihm so gut geht und man es sich nicht besser wünschen könnte." Die jüngste Bewohnerin ist übrigens 58 Jahre alt, die älteste 94.
Trotz allgemeiner Zufriedenheit mussten zwei Bewohnerinnen die Wohngemeinschaft wieder verlassen, wie Teschke berichtet. "Wir haben zwar auch für Pflegemöglichkeiten gesorgt, aber das ist eben begrenzt und man muss professionelle Betreuer finden. Deshalb sind die zwei Damen wieder ausgezogen, weil sie so alt und bettlägerig waren, dass es nicht mehr ging." Um solche Fälle in Zukunft zu vermeiden, plant Ulrich Binder nun die Errichtung einer Einzimmerwohnung, in der eine Hilfskraft einziehen soll.
Es besteht also noch viel Entwicklungspotenzial. Auch in Ostbelgien könnte gemeinsames Wohnen für Senioren Zukunft haben, findet Yvonne Schneider von der Dienststelle für selbstbestimmtes Leben. "Ich glaube auch, dass es da Bedarf gibt. Vor allem in den nächsten Jahren sollten noch andere Strukturen und Wohnformen geschafft werden - weg von den Pflegeheimen und betreuten Wohnformen in der Form, wie wir sie jetzt haben. Ich hoffe, dass da in Zukunft noch mehr wachsen wird."
rs/mg - Illustrationsbild: Maxime Anciaux/BELGA