Shooting im Sleepwood-Hotel in Eupen, dem Hotel von Schöffe Arthur Genten. Dass hier gerade für einen Kalender mit Aktbildern von Männern geshootet werden darf, ist keine Selbstverständlichkeit. Seit fast einem Jahr arbeitet Uwe Koeberich jetzt schon an seinem Projekt. Auf der Suche nach geeigneten Kulissen in Ostbelgien, kontaktierte er weit mehr als 100 Betriebe. Doch es hagelte Absagen und vom Großteil gab´s nicht mal das, sondern einfach keinerlei Rückmeldung.
Für Uwe Koeberich ein Zeichen dafür, dass die Hemmschwelle in Sachen Homosexualität bei vielen Ostbelgiern nach wie vor groß ist. "Es ist immer noch ein Thema. Auch wenn es offen in jeder Serie propagiert wird und es in jeder Show einen Quoten-Schwulen gibt, glaube ich, dass die Menschen doch noch Distanz davor nehmen - vor allen Dingen hier. Es hat immer noch einen negativen Beigeschmack - leider. Und das pusht die Leute dann davon weg, so dass sie sagen: 'Wir würden ja gerne, aber wir wissen ja nicht, welche Reaktionen auf uns als Unternehmen zukommen.' Man will auf die sichere Seite gehen", sagt Koeberich im BRF-Interview.
Der Eupener Hotelbetreiber und Schöffe Arthur Genten hat keinerlei Berührungsängste mit dem Thema. Er war einer der wenigen, die der Anfrage von Koeberich bedenkenlos zustimmten. "Zum einen habe ich keine Probleme damit, wenn Menschen homosexuell sind. Meine Frau und ich haben auch immer sehr viele Freunde in diesen Kreisen gehabt. Und zum anderen ist man in der Hotellerie gewohnt, dass eben auch gleichgeschlechtliche Paare zusammen ins Hotel kommen."
Aber nicht nur die Suche nach bereitwilligen Betrieben sollte sich schwierig gestalten. Auch die Models waren schwer zu finden. Von seinem Vorhaben, einem Kalender zu 100 Prozent "made in Ostbelgien", musste Uwe Koeberich am Ende abrücken. Einem Bewerbungsaufruf folgten zwar rund 130 Models - davon aber nur eine Handvoll Ostbelgier. "Da haben vielleicht zwischen acht und zehn Leute aus Ostbelgien reagiert. Da war mir klar, dass ich es mit so wenig Models nicht hinkriegen würde - vor allem auch, weil wir jeden Geschmack abdecken wollten: von 18 bis 55 Jahre ist alles im Kalender vertreten."
Uwe Koeberich war es wichtig zu zeigen, dass Männlichkeit viele Gesichter hat. "Wenn die Leute fragen, ob die Models schwul oder hetero sind, sage ich immer: Das ist doch egal, Hauptsache sie sind schön anzusehen. Ich bin dann auch auf Leute zugegangen und habe sie gefragt, warum sie nicht mitmachen wollten und oft hieß es dann: 'Was denken denn andere dann über mich? Vielleicht denken die dann, dass ich schwul bin oder bisexuell.' Aber das ist ja der falsche Gedanke: Da fängt Homophobie ja schon an - dass man Angst hat, für etwas gehalten zu werden. Und im Endeffekt geht es doch nur darum, ein Mensch zu sein."
Der Meinung ist auch Mirko Schiffer. Der 23-Jährige aus Lichtenbusch ist einer der wenigen Ostbelgier, die letztlich für den Kalender Modell stehen. "Ich fand die Idee von Uwe zu diesem Projekt gegen Homo- und Transphobie sehr gut. Natürlich kostet das noch Überwindung, nackt abgelichtet zu werden, weil man ja auch nicht weiß, wer einen am Ende alles ansieht. Aber warum nicht..."
Auch Philipp Müller konnte sich für das Projekt begeistern. Der 28-Jährige ist für das Kalender-Shooting extra aus der Nähe von Hildesheim angereist. "Wenn man offen damit umgeht, zeigt man auch schon den Kindern, dass es einfach dazu gehört - genau so wie Menschen mit Behinderung. Man sollte niemanden auslachen, sondern einfach akzeptieren. Daher finde ich, das man damit ein Zeichen setzen und allen Leuten zeigen sollte, dass wir auch nur Menschen sind. Wir sind nicht anders als alle anderen, sondern gleich."
Die Aktbilder für den Kalender werden allesamt von Manuel Hamel aus Hergenrath gemacht - für den nebenberuflichen Fotograf aus Hergenrath auch keine alltägliche Aufgabe. "Die Herausforderung ist eigentlich, es ästhetisch aussehen zu lassen. Man soll den Körper als etwas Vielfältiges und Schönes sehen - ohne dass aber direkt alles sichtbar ist und der Phantasie noch etwas Freiraum gegeben wird", sagt Hamel.
"Wichtig ist auch, mit den Models gut klar zu kommen. Sie stehen ja doch nackt vor mir und ich bin angezogen - das ist ein bisschen unfair. Man muss es also locker angehen, so dass die Models sich auch wohl fühlen, entspannt sind und nicht verkrampft aussehen, und am Ende auch schöne Fotos dabei rauskommen."
Geshootet wurde bisher schon an den verschiedensten Orten in Ostbelgien - darunter bei einem Biobauern in Lichtenbusch, in der Eupener Galerie "Vorn und oben", im alten Steinbruch in Walhorn oder auch in diversen Privatgärten. Der Anspruch ist hoch: ein exklusiver und ästhetischer Kalender soll es am Ende werden - und dabei eben so gut es geht "made in Ostbelgien".
Mit dem Erlös sollen anschließend diverse Sensibilisierungskampagnen gegen Homophobie in der Region finanziert werden. "Ich möchte vor allem für Kinder und Jugendliche mehrere Projekte machen, um den Leuten dieses Thema, was doch immer noch so abstrakt ist, näher zu bringen. Was ich hier im Endeffekt alles mache, ist, dass ich für Menschlichkeit spreche. Kein Schwuler, keine Lesbe, kein bi- oder transsexueller Mensch hat entschieden, so zu sein. Es ist ihm in die Wiege gelegt worden und das verstehen die Leute nicht."
Nach wie vor ist Uwe Koeberich auch noch auf der Suche nach Paten für seinen Kalender. Zwar bekommt er viel ehrenamtliche Unterstützung, aber es fallen doch auch Produktionskosten an - angefangen von den Anfahrtskosten der Models bis hin zur Vermarktung. "Ich will den Kalender hier in Ostbelgien produzieren lassen. Das kostet halt mehr Geld, als wenn ich das anonym im Internet mache oder irgendwo anders hingehe. Das für mich sehr wichtig. Solidarität ist auf vielen Ebenen. Ich bin von hier und auch stolz, von hier zu sein. Aber ich habe kein Geld und alles was ich mache seit fast vier Jahren, mache ich ehrenamtlich", so Koeberich.
"Ich hab das große Glück, dass mir viele Leute ehrenamtlich helfen, wie der Fotograf, das Sleepwood und auch andere Firmen, die den Mut haben, das zu unterstützen und die sagen, dass es wichtig ist, auch Minderheiten in der DG eine Stimme zu geben. Da ist man dann bestärkt weiter zu machen, aber es nimmt ja nicht die Kosten."
Wer Pate werden möchte, spendet 99 Euro und erhält dafür dann am Ende eine streng limitierte Version des Kalenders. Mitte bis Ende Oktober wird der Kalender fertig sein. Im Internet und in diversen Geschäften in der Region soll er dann erhältlich sein.
Melanie Ganser - Fotos: Jannis Mattar
Wie kann man Pate werden? Schreibt mir doch bitte. Gruß aus Oldenburg
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BRF-Redaktion
Wie kann man Pate werden, und einen Kalender bekommen?