Das Mausmobil ist ein umgebauter Kleinbus: Auf dem Dach ist eine überdimensionale Mausplastik angebracht, hinter der Ladeklappe befindet sich ein Bildschirm, über den ein Animationsfilm flimmert, in dem erklärt wird, welche Tierversuche an Mäusen durchgeführt werden und was die Tiere dabei durchleiden müssen. Denn: 80 Prozent der Versuchstiere sind Mäuse.
Keine echten Bilder aus Versuchslaboren also, dennoch für sensible Gemüter nicht so leicht zu verkraften. Außerdem an Bord: Jede Menge Infomaterial und - besonders wichtig: zwei Aktivistinnen, die Rede und Antwort stehen. Julia Schulz und Dr. Gaby Neumann, beide sind Tierärztinnen. Übrigens: Alle Aktivisten bei "Ärzte gegen Tierversuche" sind Humanmediziner oder Veterinäre. Neumann hatte bis vor kurzem in Aachen eine eigene Tierarztpraxis. Die hat sie verkauft und widmet sich seitdem ganz ihrer Aufgabe als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Organisation.
Ergebnisse aus Tierversuchen nicht auf Menschen übertragbar
Als wichtigstes, rationales Argument führen die Tierversuchsgegner die mangelnde Übertragbarkeit von Erkenntnissen aus Tierversuchen an. "Man kann die Ergebnisse, die man im Tierversuch bekommt, nicht auf den Menschen übertragen. Es gibt Übersichtsstudien, die Tierversuchsstudien zusammenfassen, die belegen, dass die Nebenwirkungen beim Menschen nur zu 43 Prozent in der Maus abgebildet werden", erklärt Gaby Neumann.
Im Prinzip könne man ebenso gut eine Münze werfen und wisse dann eher über die Nebenwirkungen eines Medikaments Bescheid, als durch die Erkenntnisse, die aus Tierversuchen gewonnen würden. "Der Tierversuch ist der falsche Weg (…) Es ist sogar schlimm, sich auf Tierversuche zu verlassen, weil sie eine Sicherheit vorgaukeln, die überhaupt nicht gegeben ist."
Multi Organ Chip als tierversuchsfreie Methode
Dabei gibt es längst sinnvolle Alternativen, erklärt Gaby Neumann weiter, wie den Multi Organ Chip. Der funktioniert so: "Man kann beispielsweise eine Hautzelle nehmen, kann die dann zurück programmieren auf eine Stammzelle und dann kann man die neu programmieren, zum Beispiel auf Leberzellen oder auf Nierenzellen oder Hirnzellen. Und die kann man dann auf einen Smartphone großen Multi Organ Chip draufpflanzen und die kommunizieren untereinander mit einem Flüssigkeitskreislauf. Wenn man dann beispielsweise testen will, ob eine Substanz giftig ist, gibt man die auf die Haut und schaut dann, was macht diese Substanz nach der Verstoffwechselung mit der Leber und mit den Nieren".
Der Vorteil: Man kann ganz genaue Aussagen treffen, wie die Substanz am einzelnen Patienten funktioniert, ohne am Tier oder am Menschen zu testen. "Patient on a Chip" heißt diese Methode daher auch, zu Deutsch etwa "Patient auf dem Chip".
Aber: Bis zur flächendeckenden Durchsetzung tierversuchsfreier Forschung wird wohl noch viel Zeit vergehen. Denn bisher ist es so, dass der weitaus größte Teil der Forschungsgelder in die Tierversuchsforschung fließt. Dahinter steckt eine mittlerweile 150 Jahre alte Tradition - So lange gibt es Tierversuche nämlich schon. Untersuchungen von "Ärzte gegen Tierversuche" haben ergeben, dass "99,x Prozent der Gelder in die Tierversuchsforschung gehen und nur 0,Y Prozent in die tierversuchsfreie Forschung", so Neumann.
Mehr Infos über tierversuchsfreie Forschungsmethode gibt es auf der Webseite von "Ärzte gegen Tierversuche".
Sandra Herff - Bilder: Paula Herff