Samstagabend um Punkt 21:50 Uhr erklingt der Azan, der islamische Gebetsruf aus den Räumen des Ephata. Während sich die Gäste nebenan schon um den gedeckten Tisch versammelt haben, stellen sich die gläubigen Muslime zum Gebet auf. Sie läuten damit das Fastenbrechen ein. Nach dem Gebet wird gemeinsam mit den Gästen das Fasten gebrochen, das die Gläubigen im Ramadan jeden Tag zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang einhalten.
Traditionell geschieht das Fastenbrechen mit einer Dattel, erklärt Miloud Choudna, Sprecher der Gemeinde. "Das ist energiereich und der Magen nimmt es gut auf - entweder mit einem Glas Wasser oder Milch. Meistens kommt dann eine Suppe hinzu. Es ist wichtig, dass sich der Körper wieder langsam an Nahrung gewöhnt: Keine Schocktherapie mit sehr Kaltem oder sehr Fettigem am Anfang. Es ist immer ratsam, das langsam anzugehen und auch zu genießen." An diesem Abend gibt es viel zu genießen - auch für die Gäste: Ein festliches Buffet mit überwiegend syrischen Speisen hat die muslimische Gemeinde für ihr Gäste vorbereitet.
Spiritualität und Reinigung
Aber ebenso wichtig ist das Gebet, das das Fastenbrechen begleitet - vor und nach dem Essen. "Man dankt Gott, dass man das Fasten beendet hat und dass man das Glück hat, die Speise zu sich zu nehmen. Kurz nach dem Fastenbrechen erfolgt das Abendgebet. Es ist also ein wichtiger Monat, wo die Spiritualität eine große Rolle spielt. Der Mensch selber muss sich mit wenig begnügen und sich auf das Innere konzentrieren: Der Mensch soll sich in dieser Zeit innerlich reinigen", erklärt Miloud Choudna.
Das Fasten in Gemeinschaft zu brechen, hat im Ramadan einen großen Wert. Deshalb laden viele Muslime auch Verwandte und Freunde am Abend zum Essen ein. "Man hat auch andere Menschen eingeladen, die nicht unbedingt fasten oder dem Islam nicht zugehören. Das ist auch etwas Besonderes für uns, damit auch da eine Gemeinschaft entsteht, in der man das Essen und Trinken gemeinsam teilen kann und der Mensch im Mittelpunkt steht, so dass das Fastenbrechen als solches vielleicht auch eine kleine Brücke ist zu den Menschen", meint Choudna.
Das Fastenbrechen als Brücke
Die Gäste wissen dies zu schätzen. Der Eupener Dechant Helmut Schmitz freut sich über die Einladung zum Fastenbrechen. "Das ist eine ganz tolle Initiative. Es ist ganz wichtig, dass wir einander begegnen. Wir leben ja alle hier in Eupen und es ist ganz wichtig, dass die Grenzen überwunden werden, denn viele Vorurteile kommen aus Unwissenheit und man hat nur ein Bild aus den Medien. Ich finde es wichtig, dass die persönliche Begegnung möglich wird."
Mit Unterstützung der interkulturellen Dialoggruppe, die von der Stadt Eupen initiiert wurde, geht die muslimische Gemeinde immer wieder an die Öffentlichkeit. Sie freut sich über jeden Besucher, der das Angebot der Offenen Tür annimmt. "Es gibt einige, die einfach nur sehen wollen: Was sind das für Menschen? Wie ist ihr Alltag? Das gibt solchen Menschen die Möglichkeit, einen Einblick zu bekommen", so Choudna. "Wichtig ist es, zu zeigen, dass vieles gemeinsam ist." Und deshalb will die muslimische Gemeinde in Eupen auch nach dem Fastenmonat Ramadan die Gastfreundschaft weiter pflegen und die Menschen zur persönlichen Begegnung einladen.
mb/mg - Bilder: Michaela Brück/BRF
Sicher ein positiver Beitrag, Vorurteile gegenüber Muslimen in unserer Gemeinschaft zu überwinden.
Man kann nur hoffen, dass solche interkulturellen Begegnungen auch dazu führen, dass das Bild des Islam nicht vor allem weiter durch islamistische Anschläge geprägt wird. Um dies zu erreichen stehen die Muslime in der Verantwortung ihre eigene Religion kritisch zu hinterfragen, wenn diese von radikalisierten Dschihadisten als, Motivation und Erklärung für das Töten unschuldiger Menschen benutzt wird.
Der Islam bedarf einer Reform von innen heraus, um z.B. Positionen, die mit universellen Werten nicht zu vereinbaren sind, zu überdenken. Wenn der Koran jedoch in einer dogmatischen Lesart als das unverrückbare Wort Gottes angesehen wird und die tradierte Rolle des "Propheten" nicht einer aufgeklärten Sichtweise Platz macht, wird dies ein unlösbares Unterfangen.