Dass in Oudler eine Kläranlage entstehen soll, da sind sich alle einig. Nur der Standort sei schlecht gewählt, finden Bürger, die in einem ersten Schritt gegen die entsprechenden Kollektoren Einspruch eingelegt haben. Sie fürchten eine Geruchsbelästigung und gesundheitliche Risiken.
Um jeden Zweifel auszuräumen, schlug die Fraktion Klar! darum einen Mindestabstand von 300 Metern zu Wohnungen vor - bei dieser und allen künftigen Kläranlagen. So werde es anderswo, etwa in Deutschland oder Luxemburg, gehandhabt. "Es geht uns vor allen Dingen darum, dass die Bevölkerung sich sicher sein kann, dass wir auf ihre Ängste, Bedürfnisse und Probleme eingehen", sagt Fraktionssprecher Alain Stellmann.
Hoffen auf die Kooperation mit A.I.D.E.
Burg Reulands neue Bürgermeisterin Marion Dhur erinnerte zunächst daran, dass der vorherige Gemeinderat, dem sie noch gar nicht angehörte, vor fünf Jahren den Standort einstimmig gutgeheißen habe - ausgewählt hatte ihn das von der A.I.D.E. beauftragte Studienbüro. "Wenn die Leute, die 2012 im Gemeinderat waren, gewusst hätten, dass es Gesundheitsbedenken gegeben hätte, wäre wahrscheinlich damals auch schon etwas Anderes beschlossen worden. Aber es ist jetzt so und wir müssen jetzt auf die Kooperation der A.I.D.E. hoffen und schauen, ob noch eine Möglichkeit besteht, den Standort zu wechseln", so Dhur.
Die Bedenken der Bürger aus Oudler habe das Gemeindekollegium schon Ende April in sein Gutachten an die zuständigen Behörden aufgenommen - nach einer ersten, laut Aussage von Beteiligten chaotisch verlaufenen Konzertierungsversammlung und vor einer zweiten Bürgerversammlung, die von den Standortgegnern organisiert worden war. "Am 15. Mai, als die zweite Versammlung in Oudler war, wussten wir das auch nicht, sonst hätten wir schon damit die Bevölkerung beruhigen können", sagt Stellmann.
In einem nächsten Schritt will die Gemeinde nun mit der A.I.D.E. klären, wo man steht. "Ich gehe schon davon aus, dass wenn wir vernünftig mit den Leuten reden schon, noch einiges möglich ist. Aber das muss eben jetzt zuerst mal intern mit den zuständigen Ingenieuren und den Leuten, die da das Sagen haben, geklärt werden", sagt Dhur.
Berücksichtigung der Natura-2000-Regeln
Das müsse auch im Einklang mit den in diesem Bereich geltenden Regeln zu Natura 2000 geschehen. "Nicht, dass wir danach mit der A.I.D.E. eins werden, die Bürger sind einverstanden und dann wir das Ganze auf einer anderen Seite gestoppt. Da müssen dann schon alle Protagonisten an einen Tisch und es muss die für alle beste Lösung gefunden werden. Ob das genau die Parzelle ist, die von der Bevölkerung ausgesucht wurde, das wird auch wieder ausstudiert werden müssen, ob es überhaupt geht und was machbar ist und was nicht und was warum nicht geht oder wohl geht", so Dhur weiter.
Die Fraktion Klar! kann dieses Vorgehen nachvollziehen. Letztlich gehe es darum, einen Konsens zu finden, sagt Alain Stellmann. "Nun wissen wir natürlich auch nicht, die übergeordneten Instanzen, wo wir keinen Einfluss haben und die uns auch nicht fragen werden. Wir wissen auch nicht, wie es technisch machbar ist, aber ein konstruktives Gespräch mit allen Instanzen kann doch nur positiv für alle ausfallen."
Ein Zwischenruf
Wie leicht könnte es da eine Opposition haben? An kniffligen und heißen Themen fehlt es nicht: Umgehung der N62, Windkraftanlagen oder, wie im vorliegenden Fall, der Gestank einer Kläranlage. Ganz zu schweigen von der Furcht vor Bakterien, Viren oder Parasiten. Ob von der geplanten Kläranlage in Oudler tatsächlich gesundheitliche Risiken ausgehen, kann niemand sagen. Im Zweifel sei es aber besser, vorzubeugen und einen Mindestabstand vorzusehen, so hatte es die Fraktion Klar! im Reuländer Gemeinderat eingebracht.
Dass über ihren Zusatzpunkt nach offener Diskussion nicht einmal abgestimmt wurde, führte nun aber nicht dazu, dass sie - wie vor nicht allzu langer Zeit geschehen - den Saal verließ. Vielmehr ließ sie sich von der Mehrheit um die neue Bürgermeisterin vom pragmatischen Weg überzeugen: Um einen Tisch statt mit dem Kopf durch die Wand. Im Interesse der Sache, wie es Joseph Verheggen unterstrich, und insofern auch der Bürger.
Dass eine erste Konzertierungsversammlung Mitte April aus dem Ruder lief, hat tiefen Eindruck hinterlassen. Von "beschämend" bis "schockierend" reichte die Einschätzung von Teilnehmern. Und dass Schöffe Karl-Heinz Cornely nach einer zweiten Bürgerversammlung Mitte Mai eine E-Mail erhalten hat, in der ihm unverhohlen Gewalt angedroht wurde, ist unerhört - und noch dazu feige.
Umso bedeutender, dass aus der aufgeheizten Stimmung nicht politisch Kapital geschlagen wird. Bei diesem wie bei anderen strittigen Themen zieht der Reuländer Gemeinderat - zumindest bis auf Weiteres - an einem Strang. So kann es auch gehen.
Stephan Pesch - Bilder: Gemeindeverwaltung Burg Reuland