Wir treffen Miloud Choudna von der V.o.E. Acese in seinem Gebetshaus in Eupen. Ein Tag vor dem Ramadan wirkt er entspannt. Von Fastenstress ist nichts zu spüren. Auch er macht wieder beim Ramadan mit - anders als Kinder, alte, kranke, schwangere oder reisende Muslime: Sie sind vom Fasten befreit.
Dennoch sei der Ramadan für alle Muslime wichtig. "Es ist ein besonderer Tag, weil jedes Jahr in der Zeit, in der wir fasten, sind wir mit der Familie und Freunden zusammen und wir essen oft gemeinsam. Eine gewisse Vorbereitung muss man natürlich treffen - vor allem eine innerliche Vorbereitung, d.h., dass man versucht in der Zeit nicht hektisch zu sein oder dass man noch schwere Entscheidungen treffen muss. Man versucht, es in dieser Zeit, so angenehm wie möglich zu haben", erklärt Choudna.
Der Ramadan trifft die Muslime nicht unvorbereitet, sagt Miloud Choudna. Letztendlich sei das Fasten alles andere als eine Qual. "Viele, die noch nicht gefastet haben, können sich nicht vorstellen, dass sich der Körper relativ schnell darauf einstellen kann. Es gibt sehr viele Länder, in denen es noch extremere Temperaturen gibt als hier. Um die 30 Grad ist für viele noch eine angenehme Temperatur. Für uns, die wir hier schon seit 40 Jahren leben, ist das natürlich schon warm, aber es ist nicht so, dass wir verdursten oder nicht mehr laufen können. Man kann sich an solche extreme Situationen anpassen und gewöhnen - sowohl innerlich als auch körperlich. Generell kann der Körper das sehr gut aushalten."
Auch wenn es sich widersprüchlich anhören mag: Miloud Choudna sieht im Gebot des Fastens auch einen Freiheitsaspekt, der das Gemeinschaftserlebnis übersteigt. "Die geistige Seite eines Menschen ist das Wichtigere daran: bewusst auf etwas zu verzichten und bewusst zu sagen, dass ich die Sachen, die ich täglich vor mir habe, nicht annehme. Kein Mensch auf der Welt kann mich zwingen, es zu nehmen oder nicht. Ich mache es nur aus eigener Überzeugung. Alleine diese Tatsache, dass ich alleine entscheide und bewusst verzichte, ist nichts Alltägliches."
Choudnas 14-jähriger Sohn nimmt zum ersten mal am Ramadan teil - und das ausgerechnet in der anstrengende Prüfungszeit. Sein Sohn habe sich aber Gedanken gemacht, wie er damit umgeht. "Er hat selbstständig schon vor einigen Wochen damit angefangen, sich auf die ganzen Fächer, in denen er nicht der Stärkste ist, vorzubereiten."
Von Nicht-Muslimen gebe es bei dem Thema noch immer Berührungsängste. Aber auch immer wieder Fragen. "Man sollte das nicht so sehen, als wäre das jetzt eine Zeit, in der Menschen zu nichts mehr fähig sind: Sie können laufen, Sport betreiben und arbeiten", erklärt Choudna. "In der Regel mache ich persönlich, aber auch in meinem Bekanntenkreis, immer sehr gute Erfahrungen. Das läuft reibungslos."
Am 24. Juni endet der Ramadan mit dem sogenannten Zuckerfest. Viele Muslime werden dann einige Kilos verloren, andere vielleicht sogar an Gewicht zugenommen haben. Doch die, die im Ramadan nach Einbruch der Dunkelheit in sich rein schaufeln, tun sich keinen gefallen, sagt Miloud Choudna. Die erleben dann meist eine schwere Nacht.
mz/mg - Illustrationsbild: Siska Gremmelprez/BELGA