Weltweit wird es in Schulen und anderen Einrichtungen praktiziert – mit Erfolg. Zum ersten Mal gibt es auch ein Achtsamkeitsprojekt in Ostbelgien.
Das Königliche Athenäum St.Vith startete vor anderthalb Jahren zusammen mit einer Partnerschule im luxemburgischen Wiltz das Projekt „Sonneblume – Achtsamkeit in der Grundschule“, das durch das Erasmus-Programm der EU gefördert wird.
Wenn der Gong ertönt, beginnt für die Grundschüler des St.Vither Athenäums der „König der Stille“. Er führt die Kinder in die Achtsamkeit ein. Anderthalb Minuten verharren die Zweit- und Drittklässler mit geschlossenen Augen im Schneidersitz und lauschen auf ihren Atem.
Und wenn Gedanken aufkommen, setzen sie sie auf einer imaginären Wolke ab, damit sie davon ziehen können. "Ich empfinde das gut. Je nachdem, welche Geräusche es gibt, ist es leichter oder schwerer", sagt Kilian. Und Melchior fügt hinzeu: "Beim König der Stille ist eigentlich ganz leicht, auf seinen Atem zu hören."
Achtsamkeitstrainer Stany Paquet ist beeindruckt. Vor anderthalb Jahren hat er das Projekt „Sonnenblume“ begonnen. Zweimal im Jahr übt er mit den Kindern – in achtwöchigen Einheiten jeweils eine Stunde pro Woche.
"Zu Beginn fiel es den meisten Kindern schwer, still sitzen zu bleiben und sich auf den Atem zu konzentrieren. Mittlerweile schaffen es einige Kinder, anderthalb Minuten zu konzentrieren und sich nicht ablenken zu lassen. Das ist ziemlich beeindruckend", sagt der Trainer.
Wie man achtsam wird – dabei helfen verschiedene Übungen und Methoden. Neben Stille- und Atemmeditationen gehören auch Körperwahrnehmung, Yoga und Spiele dazu. Ziel des Achtsamkeitstrainings ist es, sich selbst besser kennen und verstehen zu lernen, erklärt Stany Paquet,
"Es hilft einerseits, gut mit sich und anderen umgehen zu können. Andererseits wird die Konzentration und Aufmerksamkeit gefördert. Das wiederum hilft, gut mit Emotionen und Impulsen umzugehen", sagt Stany Paquet. Das alles habe Auswirkungen auf das Klassenklima, aber auch auf jedes einzelne Kind - im Hinblick auf ein gutes Lernen und ein gutes Sozialverhalten.
Die Übungen sind kurz und leicht, so dass die Schüler sie auch zu Hause machen können. Am Ende des Trainings gibt es eine kleine Achtsamkeitsaufgabe für die Woche. In der wöchentlichen Stunde tauschen die Schüler darüber aus, wo sie die Achtsamkeitsübungen eingesetzt oder ob sie ihnen geholfen haben.
"Mittlerweile geht es so weit, dass die Kinder berichten wie sie ihren Eltern erklärt haben, welche Übung sie in Stresssituationen machen können. Sie zieht das Kreise, das ist ziemlich lustig", sagt Paquet.
Um die Achtsamkeit zu lernen, muss sie regelmäßig praktiziert werden. Deshalb fließen die Übungen auch in den Unterricht ein - jeden Tag ein paar Minuten. Den Schulkindern tut das gut.
"Bei der Herzübung morgens kommt man zur Ruhe und ist ganz still. Dann ist man bei anderen Gedanken, wenn der Unterricht anfängt", erklärt der achtjährige Alain. Für seine Lehrerin Bianca Langer sind die Achtsamkeitsübungen eine wichtige Hilfe, wenn die Schüler unruhig sind oder aufgeregt vor einem Test.
"Man merkt an Kindern, dass sie angefangen haben, auf andere Kinder und auf ihre Gefühle mehr zu achten. Sie setzen die kleinen Übungen auch zwischendurch ein, wenn sie es brauchen, ohne dass es jemand merkt", sagt Langer.
Auch die Lehrer selbst werden in Achtsamkeit geschult. Außerdem begleiten sie die Schüler zum wöchentlichen Training, machen mit, greifen aber nicht ein. Bianca Langer findet das Achtsamkeitstraining sehr hilfreich.
"Zum einen lernt man die Klasse auf eine ganz andere Art kennen. Mir selbst tut es aber auch gut." Sie merkt manchmal, dass es ihr in der Klasse zu laut wird, dann macht sie für sich eine Übung oder fragt die Kinder, ob sie gemeinsam zur Ruhe kommen sollen.
Nächsten Dienstag läuft das letzte Training für dieses Schuljahr. In St.Vith und Wiltz läuft das Erasmus-Projekt noch anderthalb Jahre. Die Partnerschulen hoffen aber, dass die Achtsamkeit langfristig einen festen Platz im Stundenplan haben wird.
Für weitere Informationen zum Projekt im Königlichen Athenäum kann man eine Email richten an semaille.astrid@kas-online.be oder anrufen unter: 080/280.340
Text und Bilder: Michaela Brück