Sie trohnt über Chaudfontaine seit 1899. Im 19. Jahrhundert besuchten Zehntausende Pilger die Basilika von Chèvremont. Heute wohnen hier nur noch zwei Karmelitenbrüder. Früher hat das Kloster bis zu 15 Karmeliten beherbergt. Das spirituelle Leben wurde geprägt von Gebeten und Lektüre. Der wichtigste Ort war deshalb die Bibliothek, die von allen Ordensbrüdern täglich besucht wurde.
Einer erinnert sich an die große Zeit des Klosters. "Als sie vollständig war, zählte die Bibliothek rund 14.000 Bücher. Das war doch schon was. Ein Teil dieser Bücher ist jetzt beim Priesterseminar untergebracht. Die wertvollen Bücher werden restauriert."
Nicht nur die Bibliothek, sondern auch der Rest des Gebäudes wird so gut wie gar nicht mehr genutzt. Und die Gemeinschaft kann nicht mehr die 30.000 Liter Heizöl bezahlen. Man sucht deshalb eine Religionsgemeinschaft oder Vereinigung, die den Ort wieder mit spirituellem Leben füllt. Sollte dies nicht gelingen, muss alles verkauft werden. "Wenn es nicht anders geht, wäre dies eine Lösung. Eine extreme Entscheidung. Aber man muss auch darauf achten, dass dieser Ort nicht verfällt", sagt Marc China, Leiter der Karmeliten in Chèvremont.
Das ganze zwei Hektar große Gelände wird auf einen Wert von einer Million Euro geschätzt. Sollte ein Käufer gefunden werden, darf dieser nicht gleich was damit machen. "Ein Nachtclub? Das geht nicht. Ein Hotel ginge schon. Warum nicht? Aber auch nicht jedes."
Vielleicht wird hier schon bald nicht nur eine Türe, sondern ein ganzes Kapitel abgeschlossen. Pater Marc China wird wehmütig bei diesem Gedanken. "Das macht mich traurig. Ich habe hier die schönsten Jahre meines Lebens verbracht.
Das berührt mich natürlich sehr."
Manuel Zimmermann