Seit über einem Jahrhundert thront er über der Gileppe-Talsperre. Den Blick stets nach Osten gerichtet, bewacht der Löwe die Sperrmauer. Doch hält sie auch bei großen Regenfällen? Zehn Talsperren gibt es in Belgien, alleine fünf davon im Bezirk Verviers.
"Unsere zehn Talsperren sind mit der in Kalifornien nicht vergleichbar. Wir haben keine mit 200 Meter Höhe. Die meisten sind aus Beton, der Staudamm in Kalifornien ist ein Erdschüttdamm. Selbstverständlich sind auch wir nicht vor Hochwasser oder starken Regenfällen geschützt, aber alle belgischen Talsperren haben einen ausreichend dimensionierten und gut funktionierenden Überlauf", sagt Benjamin Dewals, Dozent für Hydraulik an der Uni Lüttich.
Und genau daran hapert es beim Oroville Staudamm in Kalifornien. Ein Thema, dass man an der Uni Lüttich besonders gut beherrscht. "Es gibt zwei Methoden, das Überlaufverhalten bei Hochwasser vorauszusagen. Physisch, wie wir es hier in unserem Labor machen, und zusätzlich mit digitalen Modellen. Zusammen erhalten wir ziemlich zuverlässige Ergebnisse", so Sébastien Erpicum, der Laborleiter für Hydraulik-Konstruktion an der Uni Lüttich.
Das Lütticher Labor ist weltweit anerkannt. Regelmäßig werden die Lütticher Experten zu Rate gezogen. Derzeit untersuchen sie zwei über hundert Jahre alte Talsperren in Frankreich. "Diese beiden Sperren lassen wir regelmäßig voll laufen. So können wir kontrollieren, ob die Hochwasserentlastung der Überläufe ausreichend ist. Wir machen dann Vorschläge, wie man die Abflusskapazität und damit die Sicherheit erhöhen kann", erklärt Erpicum.
Frankreich vergrößert die Überlaufgröße seiner Talsperren. Als Schutz vor dem durch Klimawandel und Verstädterung gestiegenen Hochwasserrisiko. In Belgien sind die Probleme anders. "Manche Sperren sind schon hundert Jahre alt. Das Material und die Armierungen kommen in die Jahre. Es gibt das Risiko eines Erdbebens, auch wenn es hier vielleicht nicht ganz so hoch ist. Der Unterhalt des Materials ist enorm wichtig. Bei den Absperrventilen muss sichergestellt sein, dass diese sich öffnen lassen. Das muss getestet werden", sagt Erpicum.
Derzeit also kein Grund zur Sorge um unsere Talsperren - falls gut gewartet und regelmäßig kontrolliert.
Volker Krings - Bild: Nicolas Lambert/BELGA