"Ich arbeite mit ganz unterschiedlichen Menschen zusammen: eine Holländerin, eine Frau aus Eritrea, eine Schweizerin, eine arabische Christin, eine arabische Muslimin. Das ist echt spannend". Wenn Marlene Backes aus Jerusalem berichtet, hört man ihre Begeisterung heraus. Seit Ende Dezember macht sie dort einen Freiwilligendienst in der Dormitio-Abtei der Benediktiner.
Der Deutsche Verein vom Heiligen Land schickt Volontäre für drei, sechs oder zwölf Monate dorthin. Sie helfen aus - ob im Souvenirladen, im Café oder wie Marlene Backes in der Küche. Dort kocht die Eifelerin für die Mönche, Theologiestudenten und Volontäre. "Die jungen Leute kommen meistens, weil sie noch nicht wissen, was sie studieren wollen. Aber sie sind auch an dem Land und den Menschen interessiert. Israel ist ja nicht nur das Land von Jesus. Wenn ich hier als Christin hergekommen bin, so ist es auch das Land der Muslime und Juden. Und es wäre echt eingrenzend, wenn man das nicht sehen würde", erklärt Marlene Backes im BRF.
An den freien Nachmittagen entdeckt sie das Heilige Land: die christlichen Pilgerorte in Jerusalem und natürlich das nahe gelegene Bethlehem. "Wenn du als Frau alleine dort ankommst, wirst du von sehr vielen Leuten angesprochen, die dir helfen wollen", erzählt sie. "Der eine will mich fahren, der andere will mich führen. Da muss man schon sehr hart sein, damit man nicht auf jeden eingeht."
In Nazareth, am See Genezareth und auf dem Berg Tabor ist sie gewesen. Besonders beeindruckt hat Marlene Backes eine Tauffeier am Jordan. "Das war an der jordanischen Grenze. Dann kommen die Jordanier an der einen Seite und die Orthodoxen sind auf der israelischen Seite. Das wird dann im Gebet ein Wechselgesang. Es gehen auch Menschen ins Wasser. Das war so eine friedfertige Stimmung von Jordanien nach Israel. Da habe ich mir gedacht, von solchen Sachen müsste mehr berichtet werden."
Um einen tieferen Einblick in das Leben in Israel zu gewinnen, sei die Zeit zu kurz, räumt Marlene Backes ein. Zum Beispiel was das Leben der Palästinenser hinter der Mauer betrifft, einem neun Meter hohen Bollwerk, das Israel zum Schutz vor Terrorangriffen errichtet hat. "Das sind drei Städte, da leben 55.000 Menschen, die hinter einer Mauer eingeschlossen sind. Das sind christliche und muslimische Araber. Die leben einigermaßen gut zusammen, sagt man mir. Ich weiß es aber nicht. Das erfährt man nur, wenn man ganz tiefen Kontakt zu ihnen bekommt."
Auch wenn es in Israel immer wieder zu Gewaltakten kommt – wie zuletzt am vergangenen Donnerstag nahe Tel Aviv – bedroht fühle sie sich nicht, sagt Marlene Backes.
Einen Eindruck vom israelisch-palästinensischen Konflikt hat Marlene Backes auf ihren Reisen durch das Land bekommen. Besonders betroffen gemacht hat sie die Situation in Hebron im Westjordanland – rund 30 Kilometer südlich von Jerusalem. "Da werden 600 Siedlerfamilien von 2000 Polizisten geschützt. Man sagt 'geschützt', aber diese Siedler sind eingedrungen in das Land der 220.000 dort lebenden Palästinenser. Man nimmt ihnen einfach das Land, ihre Kulturen, ihre Landwirtschaft. Plötzlich ist die Straße gesperrt und dann können die schauen, wo die hinkommen."
Auch die täglichen Sicherheitskontrollen an den Checkpoints zwischen Israel und dem Westjordanland, von denen Pilger und Touristen ausgenommen würden, hat Marlene Backes als diskriminierend und entwürdigend für die Palästinenser empfunden. Doch es gebe auch positive Beispiele der Verständigung: "Es gibt sehr viele Menschen, die sich für das Miteinander der Israelis und Palästinenser engagieren. Es gibt eine Organisation 'Break the silence', also 'brich das Schweigen', von ehemaligen israelischen Soldaten gegründet, die nicht mehr einsehen, dass sie willkürlich diese Menschen schikanieren."
Nach fast zwei Monaten in Jerusalem hat Marlene Backes mehr Fragen als Antworten, und sie stellt fest, "dass ich mich jetzt noch mehr interessiere für das Land, für die Palästinenser, für Juden, Christen und Muslims. Also, ich werde da noch einen Weg weiter gehen."
Michaela Brück - Bilder: Klaus Hofmeister/privat