Das Karlspreis-Direktorium hob am Sonntag in Aachen die besonderen Verdienste Ashs um Europa hervor. "Er ist ein englischer Europäer, der seit mehr 20 Jahren in positiver Weise für Europa eintritt", sagt der Vorsitzende des Karlspreisdirektoriums Dr. Jürgen Linden im BRF. "Er unterstützt erstens wissenschaftlich und argumentativ den europäischen Integrationsfortschritt. Zweitens kritisiert er die europäischen Institutionen. Durch seine Kritik regt er die EU an, sich zu optimieren. Und er gibt sich drittens nicht mit Beschreibungen zufrieden, sondern erarbeitet Empfehlungen, die das gesellschaftliche Miteinander in Europa verbessern sollen."
Laut Linden hat Ashs innerbritisches Eintreten gegen den sogenannten Brexit eine besondere Rolle bei der Auswahl zum Karlspreisträger gespielt. "Schwerpunktmäßig war für uns aber ausschlaggebend, dass Ash die Frage stellt: 'Wie geht es in Europa weiter?' Und auch versucht, diese Frage zu beantworten, indem er den offenen Dialog unter liberalen Prinzipien mit europäischen Werten propagiert", erklärt Linden.
Der Historiker Timothy Garton Ash von der Universität Oxford war 2013 bereits mit dem europäischen Medienpreis in Aachen ausgezeichnet worden.
Im vergangenen Jahr war Papst Franziskus in Rom mit dem Karlspreis ausgezeichnet worden. Demgegenüber ist Ash weit weniger bekannt. Für Jürgen Linden stellt dies aber kein Problem dar: "Das ist nicht neu. Aber die weniger bekannten Menschen haben ähnliche Qualitäten wie die bekannteren. Ash ist Wissenschaftler und auch die Wissenschaft hat in der Vergangenheit viele Beiträge dazu geliefert, wie unsere Gesellschaft morgen funktionieren kann."
Den Vorwurf, dass sich das Direktorium gerade vor vielen wichtigen Wahlen in Europa, wie etwa in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland, nicht für einen Politiker als Preisträger ausspricht, will Linden nicht stehen lassen. "Wir wollen das Besondere, das Herausragende mit diesem Preis belobigen. Da muss ich ganz ehrlich sagen, hat sich in diesem wie im vergangenen Jahr nicht unbedingt ein Politiker angeboten."
Timothy Garton Ash soll sich nach Aussage von Jürgen Linden 'euphorisch' über den Karlspreis gefreut haben, schließlich stehe er nun in derselben Reihe wie etwa Winston Churchill. "Ich denke, als Europäer weiß er, was der Karlspreis bedeutet und auch, dass er ihn als Engländer annimmt."
Timothy Garton Ash ist der 59. Träger des Preises, der nach Karl dem Großen (747/748-814) benannt ist.
dpa/rkr - Bild: Arno Burgi (dpa) / BRF