Dass Ralf Neuens mal am Tresen sein eigenes Bier bestellen kann, hätte er vor Jahren wohl auch nicht gedacht. Der 49-Jährige ist in leitender Position in der Gastronomie tätig - das Bierbrauen betreibt er als Hobby.
"Es war eigentlich Zufall. In der Zeitung habe ich mal gelesen: 'Brauen Sie ihr eigenes Bier!' Als Koch fand ich das eine spannende Sache und habe das im Kleinen versucht", erklärt Ralf Neuens. "Nach einiger Zeit habe ich das dann mit meinem Schwager nochmal probiert und am Anfang war es immer noch nicht viel besser, aber dann hat uns der Ehrgeiz gepackt und so sind wir dann dazu gekommen, es regelmäßig zu machen."
Sein Schwager ist Christoph Roderburg, in der regionalen Fußballszene gut bekannt. Der 37-Jährige ist beruflich im Vertrieb tätig. Nebenher Bier zu brauen, das macht er aus Überzeugung. "Ich sage immer: Bier kann sehr viel mehr als Pils. Mir ist kein Getränk bekannt, das so viele Möglichkeiten bietet. Das war für uns ein Grund, mal eigene Rezepte zu schreiben."
Die beiden wollten weg vom sogenannten "Einheits-Pils" und neue Wege erkunden. "Es gibt zwar nur vier Zutaten - Hopfen, Malz, Wasser und Hefe - aber je nachdem wie man sie zusammensetzt, gibt es so viele verschiedene Facetten, so viele Möglichkeiten", wie Ralf Neuens erklärt.
"Es ist viel Handarbeit dabei, es braucht länger zum Reifen. Der Begriff 'Craft Beer' hat nichts mit dem Alkoholgehalt zu tun. Manche denken, es müsste sehr stark sein, muss es aber nicht. Es ist wie Backen oder Kochen: Wenn man es selbst zu Hause macht, ist das ein anderer Prozess, als wenn es industriell hergestellt wird."
"Uns sind natürliche Rohstoffe wichtig", fügt Roderburg hinzu. "Wir haben keine Schönungsmittel, keine Chemie drin. Das Bier hat Ecken und Kanten. Und die soll es auch haben. Es ist kein Mainstream-Bier, sondern eins, das auch schon mal anecken kann."
Um zu erfahren, wie das eigene Bier ankommt, sind die beiden einem guten Rat in der "Craft-Beer"-Szene gefolgt und haben erst einmal bei einem befreundeten Brauer in Lohmar eine größere Menge ihres Einstiegsbieres brauen lassen. "Genesis ist ein Belgian Pale Ale, ein bräunlich-rötliches Bier. Es hat nur 4,5 Prozent und ist eher gedacht als Ersatz für das normale helle Bier. Und es ist auch sehr gut angekommen bisher."
Während der zweite Sud an Heiligabend in den Gärtank gekommen ist, gibt es das Bier zurzeit in sechs Lokalen der Gegend am Zapfhahn. Geplant sind weitere Sorten - und ein etwas größerer Maßstab. "Ob man jetzt 50 oder 1.000 Liter braut, es erfordert eigentlich den gleichen Aufwand", erklärt Ralf Neuens.
"Wir würden gerne eine eigene Anlage installieren und haben eine Braugenehmigung angefragt. Sobald wir die haben, können die weiteren Schritte erfolgen. Und dann hoffen wir, die Braukultur auch aus dem Süden Ostbelgiens verbreiten zu können."
Text und Bilder: Stephan Pesch