Am Tag nach der Wahl stellt jeder sich wohl die Frage: was nun? Das gilt nicht nur für die Politiker, sondern auch für die Wähler und vielleicht ganz besonders für diejenigen, die sich geweigert haben, an der Abstimmung teilzunehmen.
Für die Deutschsprachige Gemeinschaft insgesamt ist das Ergebnis erfreulich, denn sowohl in der Abgeordnetenkammer als auch im Senat ist sie durch direkt gewählte Mandatarinnen vertreten.
Dabei wird deutlich, dass die Bürger vor allem Personen und nicht Programme gewählt haben. Sowohl Claudia Niessen, die für Ecolo in den Senat einzieht, als auch Kattrin Jadin, die für die PFF in der Abgeordnetenkammer bleibt, waren von ihren Parteizentralen auf aussichtsreiche Listenplätze gesetzt worden.
Beide sind die Spitzenreiter, nämlich Kattrin Jadin mit 5.877Vorzugsstimen in der Kammer und Claudia Niessen mit 4.665 im Senat.
Doch auch bei den anderen Parteien haben die Wähler sich gezielt für deutschsprachige Kandidaten entschieden. So erzielt Edmund Stoffels fast 4.000 Vorzugsstimmen in der Kammer und Herbert Grommes knapp 2.400. Beide schließen in der DG wesentlich besser ab als die Spitzenkandidaten, die als Minister zudem noch den Vorteil der größeren Bekanntheit genießen. Die Wähler sind ihre an ungünstiger Stelle positionierten Kandidaten also bewusst suchen gegangen. Das wird bestätigt durch die guten Ergebnisse von Daniel Franzen bei der CSP und Karl-Heinz Braun bei Ecolo. Michael Balter konnte hingegen seinen Spitzenplatz bei Vivant nutzen.
Damit wird aber auch deutlich, dass nicht alle großen Parteien den deutschsprachigen Kandidaten die gleichen Chancen bieten. Die CDH hat die Bewerber aus der DG mit nachrangigen Platzierungen abgespeist und dafür die Quittung bekommen. Ausgerechnet diese Partei hatte in früheren Zeiten durch die Zusammenarbeit zwischen PSC und CSP immer wieder die Vertretung der Deutschsprachigen im nationalen Parlament gesichert.
Mit seiner gezielten Vorgehensweise hat der Wähler auch im Parteienspektrum ein Zeichen gesetzt. Ecolo wurde die stärkste Partei im Senat und die PFF übernahm die Führung in der Kammer. In beiden Häusern wurde die CSP vom Thron gestoßen. So ändern sich die Zeiten. Bemerkenswert ist zudem, dass die siegreichen Parteien ihren Erfolg jeweils jungen Frauen zu verdanken haben.
Sicherlich ist aus der Sicht der DG zu berücksichtigen, dass die Regierungspartei ProDG bei diesen nationalen Wahlen nicht angetreten ist. Ihre Wähler dürften sich aber auf die anderen Parteien verteilt haben.
Das auffallendste Ergebnis dieser Wahlen ist jedoch der Bürgerprotest. Jeder siebte Wähler ist überhaupt nicht zur Wahl gegangen, obwohl ja bekanntlich Wahlpflicht herrscht. Und von denen, die sich zu den Wahlbüros begeben haben, haben mehr als 5.400 bewusst eine weiße Stimme abgegeben. Von knapp 48.000 Wahlberechtigten haben also mehr als 13.000 sich von der Politik abgewendet. Das sind rund 27 % der Bürger. Diejenigen, die sich der Politik verweigern, wären also jetzt die stärkste Gruppe in der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Deutlicher konnte die Ohrfeige für die Politiker wohl nicht ausfallen.
Nun gilt es, daraus die richtigen Lehren zu ziehen, denn angesichts des Ausmaßes der Herausforderungen, vor denen unsere alternde Gesellschaft in einer weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise steht, ist für parteipolitische Spielchen keine Zeit mehr.
Gut gebrüllt, Guido.
Besser könnte man die Wahlergebnisse nicht zusammenfassen.