Das Staatsarchiv in Eupen erweist sich wieder Mal als Fundgrube. Dokumente über "Besuche hoher Standespersonen" aus dem Bestand der Stadt Eupen geben minutiös Aufschluss über die Anwesenheit von Königen, Prinzen, Prinzessinnen und Erzherzögen in der Region.
Auch nach Meinung der Staatsarchivleiterin Els Herrebout ist aber der Gipfel am Donnerstag schon etwas ganz besonderes. "Das ist schon einmalig. Wir haben in unseren Akten nachgeschaut. Es hat schon Besuche von Staatsoberhäuptern gegeben, aber nie waren mehrere gleichzeitig hier", erklärt Els Herrebout.
"Außerdem haben die Besuche einen anderen Charakter. Wenn jetzt Staatsoberhäupter hierher kommen, hat das mit dem neuen Status der Deutschsprachigen Gemeinschaft zu tun, mit der Anerkennung der deutschen Sprache, mit der Zugehörigkeit zu einem größeren Kulturraum und auch mit der Brückenfunktion der Deutschsprachigen Gemeinschaft."
1833: Besuch von Kronprinz Friedrich Wilhelm
"Früher war das ganz anders. Die Leute kamen hierhin, waren aber sehr oft auf der Durchreise. Wir haben versucht, herauszufinden, ob es solche Besuche vor 1800 gegeben hat, davon gibt es aber keine Spuren. Joseph II. hat 1781 die Österreichischen Niederlande besucht, ist aber nicht nach Eupen gekommen." Doch damals mussten sich einige gewichtige Eupener als Standesvertreter auf den Weg zum Kaiser machen, als dieser Textilmanufakturen im Vervierser Ortsteil Hodimont besichtigte.
Ab 1833 werden die Besuche gekrönter Häupter oder deren Stellvertreter schon häufiger. "Da ist der erste Besuch in Eupen vom Kronprinzen Friedrich Wilhelm 1833. Das war eine Reise durch die Rheinprovinz. Bei der Gelegenheit ist er auch von Aachen nach Eupen gekommen. Am nächsten Tag ist er über Malmedy und Bütgenbach nach Monschau gereist."
"Schon Wochen im Voraus wurden Briefe geschrieben an Bürgermeister: Wie sie sich zu verhalten hatten, was sie machen mussten, wo sie sich einzufinden hatten. Das Programm der Reise war dabei. Der Kronprinz hat dann versprochen, zurückzukommen. Das hat er auch eingehalten." Kronprinz Friedrich Wilhelm war noch zwei Mal zu Gast: 1839 und 1856, als er Herbesthal besuchte.
Der Bahnhof von Herbesthal war im 19. und 20. Jahrhundert immer eine Zwischenstation auf dem Weg nach Deutschland. Das galt für den französischen Kaiser Louis Napoléon nach der verlorenen Schlacht von Sedan ebenso wie für Kaiser Wilhelm, der sich auf dem Weg ins Hauptquartier von Spa genau zehn Minuten im Fürstenzimmer von Herbesthal aufhielt, um eine kleine Stärkung zu sich zu nehmen.
Parallele zu 2016
"1885 hat Kronprinz Wilhelm IV. Raeren, Eynatten und Hauset besucht. Er war auf der Durchreise nach Monschau, wo er eine Jubiläumsfeier besuchte. Das wird ausführlich in der Zeitung beschrieben. In allen drei Gemeinden wurde ein Triumphbogen aufgebaut, eine große Menge hatte sich versammelt. Die Häuser waren schön geschmückt."
"Ganz interessant - und das ist eine schöne Parallele zu heute: Der Kronzprinz hat damals eine kleine Ausstellung mit den schönsten Erzeugnissen der Raerener Töpferei besucht. Auch dieses Mal steht ein Besuch im Museum in Raeren auf dem Programm, wie 1885. Damals war das war eine kleine Ausstellung, die der Bürgermeister und Hubert Schiffer im Haus von Bürgermeister Pesch organisiert hatten.
Auch die Eyneburg in Hergenrath diente zuweilen als Übernachtungsquartier, wie Els Herrebout herausfand. "Die belgische Königin Marie-Henriette, die Gattin von Leopold II., hat 1880 die Gileppe-Talsperre besucht und dort übernachtet. Und vor ihr hat auch schon die Prinzessen Louise von Preußen in der 'Emmaburg' übernachtet."
In den letzten Jahrzehnten haben vor allem die offiziellen Besuche des Königs oder von Mitgliedern der Familie an Häufigkeit zugenommen. Dass aber eine Versammlung mehrerer Staatsoberhäupter an einem Ort - an sich ein Privileg von Hauptstädten oder von Plätzen, wo internationale Verträge besiegelt werden - in Eupen stattfinden kann, dürfte sich später einmal als eine Art "letzter Ritterschlag" für die Stellung in Belgien erweisen.
Das konsequente Bekenntnis des Königs zur deutschen Sprache und seine Einladung an die Staatsoberhäupter der deutschsprachigen Staaten in Europa ist mit Blick auf das in drei Jahren bevorstehende Jubiläum der 100-jährigen Zugehörigkeit der Region zum Königreich vielleicht das größte Geschenk überhaupt.
rkr/km - Bilder: Staatsarchiv Eupen