Es war der 1. Dezember 2015. Der flämische Allgemeinmediziner Patrick Roelandt begab sich im Nachmittag zu einem Hausbesuch bei einem Patienten. Der Besuch endete tödlich für den Arzt. Der Patient stach den Mediziner mit einem Messer nieder. Einige Zeit später wurde in Lüttich ein Arzt Opfer eines brutalen Angriffs. Kürzlich wieder ein Fall, diesmal in Forest. Auch hier griff ein Patient den Arzt an. Das Opfer wurde lebensgefährlich verletzt.
Der nationale Rat der Ärztekammer reagierte entsetzt. Die Gewalt von Patienten gegenüber Ärzten nehme erschreckende Ausmaße an, so die Ärztekammer. Es sei nicht annehmbar, dass Ärzte, die Patienten zu Hilfe eilten, um ihre Sicherheit bangen müssten. Vor diesem Hintergrund hat die Ärztekammer unter anderem eine Internetplattform gegründet, auf der Ärzte dazu aufgefordert werden, jede Form von Gewalt zu melden.
Gleichzeitig soll ein strategischer Plan ausgearbeitet werden, um die Sicherheit der Allgemeinmediziner zu erhöhen. Zu den praktischen Lösungen, die in Erwägung gezogen werden, gehört der Einsatz von Fahrern, die die Ärzte bei ihren Hausbesuchen begleiten. Das soll jetzt auch in Ostbelgien der Fall sein.
Die Vereinigung der Allgemeinmediziner des Nordens der Deutschsprachigen Gemeinschaft will demnächst mit den Ärzten aus dem Vervierser Raum zusammenarbeiten - mit dem Ziel, die Sicherheit der Ärzte zu erhöhen, erklärt der Co-Vorsitzende der Vereinigung, Dr. Marc Franckh. Er weiß, wovon er spricht, da er bereits Opfer eines schweren verbalen Angriffs wurde, als er noch in Lüttich arbeitete.
"Bis jetzt hatten wir noch wenig Probleme mit der Sicherheit. Auch im Süden gibt es weniger Probleme als in den Großstädten. Aber wir müssen uns um die Sicherheit kümmern", sagt Dr. Franckh. "Immer mehr junge Frauen arbeiten als Hausarzt, müssen auch nachts Hausbesuche machen, manchmal bei Patienten, die man nicht kennt. Daher kommt eine gewisse Unsicherheit."
Ab 2017 für ganz Ostbelgien
Jetzt starten die Ärzte aus dem Norden der DG ein gemeinsames Projekt mit Medizinern aus Verviers. Konkret wird eine zweisprachige Telefonzentrale eingerichtet. "Das ist eigentlich ein nationales Projekt. In der Zukunft wird es die 1733 geben. In ganz Belgien wird man nur eine Nummer wählen müssen, um zu erfahren, welcher Hausarzt Dienst hat."
"Diese Zentrale für die Wallonie liegt in Arlon und zur Zeit haben sie Schwierigkeiten, um den Dienst zweisprachig - auf Französisch und Deutsch - zu organisieren. Deswegen wird in Verviers eine Zentrale aufgebaut - mit der gleichen Nummer 1733, aber von Verviers verwaltet und mit zweisprachigen Telefonisten."
Die Anrufe werden also zentralisiert und ausgewertet. Wird ein Arzt während eines Bereitschaftsdienstes am Wochenende gerufen, wird ihm ein Fahrer zur Verfügung gestellt. Dieser kann den Arzt, wenn er es denn will, auch zum Patienten begleiten. Das System nehmen bereits Verviers, Lontzen und Kelmis in Anspruch, ab 2017 werden Eupen, Raeren und die Eifelgemeinden mit eingebunden.
Die Gewalt gegen Ärzte in der Provinz Lüttich war übrigens 2013 Thema der Masterarbeit einer jungen Ärztin, die zur Zeit in Verviers arbeitet. Ihr Fazit: Fast zwei Drittel der im Rahmen ihrer Untersuchung befragten Ärzte gaben an, mindestens einmal Opfer von Gewalt geworden zu sein. In den meisten Fällen handelte es sich um verbale Gewalt. In anderen um körperliche Gewalt mit schweren körperlichen und seelischen Konsequenzen.
cd/km - Illustrationsbild: Anthony Dehez/Belga