In vielen Regionen des Landes herrscht Hausärztemangel. Auch in Ostbelgien. Jungen angehenden Allgemeinmedizinern fällt es schwer, eine Praxis zu eröffnen, weil ihr Beruf nicht leicht mit einem Privatleben zu vereinbaren ist. Eine Lösung, die bei vielen motivierend wirkt, ist die Arbeit in einer Gemeinschaftspraxis. So können junge Ärzte, die zum Beispiel bei erfahrenen Kollegen einsteigen, schnell Fuß fassen und durch die Teamarbeit ein geregelteres Leben führen. Gleichzeitig wird dadurch auch der Verwaltungsaufwand erleichtert.
Der Trend geht eindeutig in Richtung Gemeinschaftspraxen. Ziel ist es, die Zukunft zu sichern und das Angebot für Patienten zu erweitern. In Belgien gibt es Gemeinschaftspraxen, in denen alle Therapeuten ihre Behandlungen einzeln abrechnen. Es gibt aber auch seit vielen Jahren Ärztehäuser, die ein sogenanntes Pauschal-System anwenden. Ursprung der Ärztehäuser war, auch sozial schwächeren Menschen eine bestmögliche medizinische Versorgung zu bieten.
Bislang gab es ein Ärztehaus in Büllingen. In Eupen geht am 1. Oktober ein Ärztehaus nach gleichem System an den Start, nämlich das Gesundheitszentrum GPS. Es hat die offizielle Anerkennung als Ärztehaus erlangt.
Abgerechnet wird zwischen Arzt und Krankenkasse
Aber wo liegt der Unterschied zu anderen Praxen? "Ein Ärztehaus ist ein Zusammenschluss von verschiedenen Hausärzten, die ähnlich wie eine Gemeinschaftspraxis zusammenarbeiten. Der Unterschied ist nur, dass die Abrechnung mit dem Patienten nicht zwischen Arzt und Patient stattfindet, sondern zwischen dem Arzt und der Krankenkasse. In dem Fall erhält der Arzt pro Patient, der bei seinem Ärztehaus eingetragen ist, eine monatliche Pauschalerstattung", erklärt Freddy Palm von der Freien Krankenkasse in Büllingen.
Konkret heißt das: Der Arztbesuch beziehungsweise die Behandlung im Ärztehaus ist kostenlos. Der Patient schließt dazu einen Gesundheitsvertrag mit der Krankenkasse und dem Ärztehaus ab. Das Ärztehaus engagiert sich zu einer Rundum-Versorgung im Rahmen der Allgemeinmedizin. Der Patient verpflichtet sich unter anderem, während der Praxisöffnungszeiten die Ärzte des Ärztehauses aufzusuchen. Die direkte Abrechnung mit dem Patienten entfällt und der Arzt hat mehr Zeit, sich um den Patienten zu kümmern.
Ziel: Kontinuierliche und qualitative Versorgung
Geht der Patient zu einem auswärtigen Arzt innerhalb einer bestimmten Zone, wird ihm nichts zurückerstattet - auch nicht von der Krankenkasse. "Ein Ärztehaus legt sich ein Territorium fest, das zum Ärztehaus gehört. Wenn man zu einem Hausarzt innerhalb des Territoriums geht, bleibt das zu Lasten des Patienten. Geht man zu einem Hausarzt, der außerhalb dieses Territoriums ist, dann ist das Ärztehaus verpflichtet, das zu erstatten", erklärt Palm.
Die Frage, ob das System nicht indirekt zu einer gewissen Konkurrenz führt, verneint das Ärztehaus. Einerseits verfügten die dort tätigen Mediziner über eine langjährige Erfahrung und hätten eine feste Kundschaft. Andererseits habe jeder Arzt die Möglichkeit, sich für ein Pauschalsystem zu entscheiden. Das Ziel sei aber primär, eine kontinuierliche und qualitative Versorgung für die Zukunft zu gewährleisten.
Chantal Delhez - Illustrationsbild: Anthony Delhez/BELGA