"Mode ist immer schon meine Leidenschaft gewesen. Ich bin in einer Modefamilie groß geworden. Meine Oma hatte ein Modegeschäft, meine Mutter, meine Cousinen, meine Vettern. Das war schon immer mein Traum", sagt Anique Keutgen. Sie verkauft Mode in ihrer eigenen Boutique – und die befindet sich zu Hause.
Zwei Umkleidekabinen gibt es im Verkaufsraum. Und der ist gerade mal 30 Quadratmeter groß. Platz genug für Damenmode, -schuhe und Accessoires. Jahrelang war dieser Raum die Logopädiepraxis von Anique Keutgen. "Mein Vater der war Lehrer und hat gemeint, ich müsse studieren. Der hat mich auf den Weg der Logopädie gebracht. Das hat mir dann auch gut gefallen. Aber im Hinterkopf hatte ich immer: Irgendwann Mode!"
Manchmal erfüllen sich Träume erst nach einer Krise. In Anique Keutgens Fall war es eine längere Krankheit. "Durch Krankheit musste ich zwei, drei Jahre aufhören zu arbeiten. Als ich wieder anfangen konnte, hat mein Mann mich unterstützt. Jetzt oder nie! Aber ich wollte nicht im Geschäft gefangen sein, wie das meine Mutter war, sondern einen Kompromiss mit der Familie finden.
Babysitter, Häppchen und Sekt
Vom Prinzip "familienfreundlich" profitiert aber nicht nur sie selbst, sondern auch die fast ausschließlich weibliche Kundschaft. Freitags ab 16 Uhr ist "Babysitting-Shopping" angesagt. "Für die Mamas die mit ihrem Baby habe ich einen Babysitter. Es gibt auch Häppchen und Sekt. Es soll freundschaftlich ablaufen. Die Frauen sollen Spaß haben und gemütlich mit Kindern shoppen."
Eine Fernsehreportage über eine Frau in Brüssel brachte die zündende Idee. Homeshopping heißt das Zauberwort. Die Boutique in den eigenen vier Wänden - mit überschaubarem Angebot. "Das hat mir sehr gut gefallen. Zwei Monate später hatte ich meine Praxis in eine Boutique umgebaut. Das mag verrückt klingen. Es hat mir aber bisher nicht leid getan. "Das Konzept kommt an, das Geschäft zu Hause läuft gut - und das schon ein halbes Jahr nach Eröffnung. Dabei hat ihre Boutique mit dem Namen Red Stone 7 eigentlich nur freitags und samstags geöffnet.
Gegentrend zu Zalando & Co.
Anique Keutgen setzt auf persönliche Beratung und eine nette Atmosphäre. So möchte sie sich von den mächtigen Onlineanbietern wie Amazon oder Zalando abheben, die rund um die Uhr geöffnet haben und eine unendlich größere Produktpalette anbieten. "Das ist eine andere Form von Shopping, die ich nicht kritisieren möchte. Wenn Frauen überhaupt keine Zeit haben, ist das auch okay. Ich persönlich ziehe die Ware lieber vorher an und habe auch lieber einen privateren Kontakt zur Verkäuferin. Und deren Meinung ist mir auch schon wichtig."
In die privaten Räume von Anique Keutgen hat sich noch keine Kundin verirrt, auch wenn dort in den Schränken zweifellos weitere modische Kleider hängen. Mit den richtigen Kundinnen und dem passenden Konzept läuft offenbar alles reibungslos im Modegeschäft. "Also bisher finde ich die Kundinnen sehr respektvoll. Und das läuft bisher immer sehr gut ab."
Text und Bild: Manuel Zimmermann/BRF